Seite 45 - Carolinea 68

S
chütz
:
Vegetation des Rhein-Altwassers im Salmengrund
41
diese Eigenschaften allesamt auf den Salmen-
grund zutreffen, ist der dichte Bewuchs und der
große Artenreichtum dieses Gewässers nicht
weiter erstaunlich (vgl. K
rause
1971, ­
P
hilippi
1978, 1980).
Ein Vergleich mit dem nördlich an-
schließenden, kräftig durchströmten und fast
pflanzenleeren Altarmsystem zeigt allerdings,
dass hierfür die fehlende oder bei Hochwasser
nur geringe Strömung eine notwendige Voraus-
setzung ist. Stark wechselndeWasserstände und
Überschwemmungen durch den nahen Rhein
begrenzen allerdings die Artenvielfalt der Was-
serpflanzen im Salmengrund. Es fehlen Arten mit
großen Schwimmblättern wie Nuphar lutea und
Nymphoides peltata, die empfindlich auf starke
Schwankungen des Wasserstandes reagieren.
Auch Hottonia palustris, Utricularia spp. und My-
riophyllum verticillatum sind als typische Arten
der nicht vom Rhein überschwemmten, schwach
eutrophen Auegewässer kaum als dauerhafte
Siedler in Gewässern des Rheinvorlandes zu
erwarten (
van
G
eest
2005).
Dafür ist die Zahl am-
phibischer Arten der Wasserwechselzone recht
hoch, da längere Niedrigwasser-Phasen diesen
Arten eine gute Möglichkeit bieten, sich in der
Wasserwechselzone anzusiedeln und auszu-
breiten.
Allein schon die jährlich mehrfach zu beobach­
tende Massenentwicklung fädiger Grünalgen
zeigt, daß der Salmengrund trotz der erheblichen
Menge von zutretendem Grundwasser keines-
wegs nährstoffarm ist. Eutraphente Arten und
ihre Gesellschaften (Lemnetea, Potamogetone-
tum lucentis) beherrschen das Altwasser, meso-
traphente Arten treten dagegen selten, nur vor­
übergehend und meist in geringer Menge auf. Es
ist darüber hinaus denkbar, dass Diasporen der
im Salmengrund gefundenen mesotraphenten
Arten (Groenlandia densa, Chara contraria, Cha-
ra aspera) durch Hochwässer in den Salmen-
grund eingeschwemmt wurden und sich dort nur
vorübergehend ansiedelten. Auch aus dem 2001
von S
chiel
&
H
unger
beobachteten Massenauf-
treten von Tolypella prolifera läßt sich nicht zwin-
gend auf einen mesotrophen Charakter schlie-
ßen. Tolypella prolifera ist eine annuelle Art, die
sich in kalkreichem, schwach fließendem oder
stehendem Wasser in Gräben, Kanälen, Druck-
wassertümpeln und Torflöchern findet (A
nonymus
2005,
K
rause
1997).
V
an
G
eest
(2005)
bezeichnet
sie für den Niederrhein als eine für dynamische
Gewässer-Lebensräume typische Pionierart, die
durch Störungen gefördert wird. Die wenigen
Fundorte in der Ober­rheinaue sind nach K
rause
(1997),
wie auch bei der nahe verwandten Toly-
pella intricata (mit sehr ähnlichen ökologischen
Ansprüchen), durch eine Kombination von klarem
Grundwasser einerseits und guter Nährstoff-
Versorgung aus dem organischen Sediment an-
dererseits gekennzeichnet. Diese Kombination ist
besonders im zentralen Teil des Salmengrunds,
in den erhebliche Mengen Falllaub, Getreibsel
und abgestorbene Wasserpflanzen gelangen,
gegeben. Diese Standortbedingungen sind aber
auch förderlich für weitere Arten, die zudem zu
Massenwuchs neigen. Hier ist besonders Elodea
nuttallii zu erwähnen, ein in der Oberrheinaue
häufiger Neophyt, der besonders im schmalen,
relativ stark beschatteten Abschnitt 3 dominiert
und seit 2005 deutlich zugenommen hat (Tab.  1).
Die im Jahresverlauf bis in den Herbst hinein
zunehmend dichter werdenden Bestände sind
möglicherweise ein Grund für das Ausbleiben
von Tolypella prolifera, die in der Oberrhein-Aue
im Spätsommer den Höhepunkt ihrer Entwick-
lung erreicht (K
rause
1997).
Lichtmangel könnte
auch die beiden kleinen, 2005 noch beobachte-
ten Populationen von Groenlandia densa zum
Verschwinden gebracht haben. Neben der Kon-
kurrenz durch die Wasserpest und andere, hö-
herwüchsige Wasserpflanzen ist sicher auch die
Ansammlung von Wasserlinsen und Getreibsel
über einem der beiden Wuchsorte dieser lichtbe-
dürftigen Art klarer, winterwarmer Gewässer zum
Verhängnis geworden (K
ohler
&
M
eyer
1986,
S
chütz
1992).
Da für den Lebensraumtyp 3140
(„
Kalkreiche, nährstoffarme Stillgewässer mit
Armleuchteralgen“) (LfU 2003) typische Arten nur
vereinzelt und zudem nicht dauerhaft vorhanden
waren, ist von einer nur fragmentarischen Aus-
prägung dieses Lebensraumtyps auszugehen
(
S
chütz
in B
reunig
et al. 2010). Weitere, aus dem
Salmengrund bekannt gewordenen Characeen
(
Chara globularis, Nitella mucronata, Chara vul-
garis) sind nicht an mesotrophe Standorte ge-
bunden und treten in der Rheinaue regelmäßig in
eutrophen Altwässern auf (K
rause
1997).
Starke Wasserstandsschwankungen und das
ephemere Auftreten einer großen Zahl von ­Arten
könnten weiterhin den Eindruck entstehen las-
sen, dass es sich beim Salmengrund um einen
Lebensraum mit dynamischen Aussterbe- und
Wiederbesiedlungsprozessen handelt. Die mit
dieser Dynamik einhergehenden kurzfristigen
und starken Änderungen der Menge und Arten­
zusammensetzung der Makrophyten-Gesell-
schaften sind nicht nur in Rhein-Seitengewässern
der Niederlande, sondern auch in den Seitenge-