Seite 47 - Carolinea 68

S
chütz
:
Vegetation des Rhein-Altwassers im Salmengrund
43
den-Arten, die in der Vegetation oft nur selten
erscheinen, aber in der Diasporenbank stets in
größeren Mengen vertreten sind (P
oschlod
et al.
1999,
S
chütz
2008
a, b). Durch die hohe Produk-
tion dormanter, langlebiger, fast immer kleiner
Samen, die bei Mangel an Licht, Sauerstoff und/
oder fehlenden Schwankungen der Tag/Nacht-
Temperaturen nicht keimen, sind viele Sumpf-
pflanzen (z.B. Rorippa spp., Veronica spp., Carex
spp., Juncus spp., Lythrum salicaria, Ranuncu-
lus sceleratus) typische Hauptkomponenten von
Gewässer-Diasporenbanken (G
rime
et al. 1988,
S
chütz
2000).
A
bernethy
&
W
illby
(1999)
fan-
den eine Dominanz annueller Arten und amphi-
bischer, ruderaler, mehrjähriger Sumpfpflanzen
in ihren Untersuchungen. Sumpfpflanzen gene-
rell und die letztgenannte Gruppe im speziellen
sind im Salmengrund mit Rorippa amphibia und
Veronica catenata ebenfalls maßgeblich vertre-
ten, während die rein annuellen Arten zahlenmä-
ßig eine geringere Rolle spielen. Hierbei ist zu
beachten, dass Veronica catenata von A
bernethy
&
W
illby
(1999)
als Therophyt eingestuft wurde,
aber im Salmengrund als mehrjährige Art auftritt.
Einige der aus den Sedimentproben aufgelaufe-
nen Arten sind regelmäßig in Zwergbinsenfluren
(
Cypero-Limoselletum) zu finden. Neben den
Moosen Aphanorhegma patens und Physcomitri-
um eurystomum sind dies Eleocharis acicularis,
Alopecurus aequalis, Plantago uliginosa, Juncus
bufonius und Ranunculus sceleratus. Da aber
weitere typische Arten wie Cyperus fuscus und
Limosella aquatica fehlen und die im Salmen-
grund gefundenen Schlammboden-Therophyten
auch als Begleiter in anderen Gesellschaften
(
z.B. Bidentetea) vorkommen, ist die potentielle
Existenz von Zwergbinsenfluren für den Salmen-
grund nicht ausreichend zu belegen.
Der Anteil der Wasserpflanzen in Gewässer-
Diasporenbanken ist im allgemeinen erstaunlich
niedrig. Eine Ausnahme machen Characeen-
Bestände, deren Diasporenbank mit Werten
bis zu 1 Mill. Oosporen/m² gewaltige Ausmaße
erreichen kann (B
onis
&
G
rillas
2002).
Auch in
der Diasporenbank des Salmengrundes sind die
mit geringer Häufigkeit in der Vegetation vorkom-
menden Characeen überproportional vertreten
und bilden die Hauptkomponente in den submers
kultivierten Proben. Daß Tolypella prolifera nicht
aus den Sedimenten auflief, kann an einer zu ge-
ringen Diasporendichte im Sediment liegen, oder
daran, dass die (nicht bekannten) Keimungsbe-
dingungen bei der Kultivierung der Sedimente
nicht gewährleistet waren. Characeen durchlau-
fen, ähnlich vielen phanerogamen Sumpfpflan-
zen, einen saisonalen Dormanzzyklus, der eine
Keimung bei ungünstigen Umweltbedingungen
verhindert (S
ederias
&
C
olman
2007).
Zudem
ist nicht be­kannt, ob die mehreren hundert, von
S
chiel
&
H
unger
(2001)
beobachteten Tolypella-
Pflanzen fruchteten und damit die Diasporenbank
wieder auffüllten. Überraschend hoch war, wie im
Eggensteiner Altrhein (Schütz 2008b), auch der
Anteil von Potamogeton berchtoldii an der Dia-
sporenbank. Verantwortlich hierfür könnte nicht
nur eine hohe Samenzahl im Sediment sein, son-
dern auch die bisher nicht dokumentierte Fähig-
keit, aus kleinsten, ein 3-mm-Sieb passierenden
Rhizomstücken wieder auszutreiben.
Über Diasporenbanken der Oberrhein-Aue ist
kaum etwas bekannt. Die 2006 untersuchte Di-
asporenbank des Eggensteiner Altrheins bei
Karlsruhe unterscheidet sich erheblich von der
des Salmengrundes (S
chütz
2008
a, b, S
chütz
et
al. 2008, 2010). Sie war dominiert von Schilf und
Seggen, die beide in der Ufervegetation stark
vertreten waren, und hatte einen sehr geringen
Hydrophyten-Anteil. Sie enthielt aber auch Arten,
die in der Vegetation fehlten, z.B. Cyperus fuscus
und sogar Carex bohemica, die aus dieser Ge-
gend nicht bekannt war (S
chütz
2008
b, S
chütz
et
al. 2010). Standorte von Zwergbinsenrasen wur-
den von P
oschlod
et al. (1999) in der nördlichen
Oberrheinebene, im Kosperskern bei Rheins-
heim und im Kleinen Bodensee bei Karlsruhe,
untersucht. Beim Kleinen Bodensee vermerken
P
oschlod
et al. (1999), dass keimfähige Samen
vieler Sumpfpflanzen (Ranunculus sceleratus,
Rorippa amphi­bia, Persicaria spp.) noch in mehr
als 20 cm Sedimenttiefe anzutreffen waren. Sie
ver­muten ein Alter von über 100 Jahren für die
in den tieferen Sedimentschichten dieses Alt­
rheins befindlichen Diasporen. Das Auftreten der
regional ver­schollenen Art Carex bohemica im
Eggensteiner Altrhein, aber auch von Physco-
mitrium eurystomum oder Eleocharis acicularis
im Salmengrund und das vermutlich hohe Alter
lebensfähiger Samen im Kleinen Bodensee sind
ein Hinweis darauf, dass in den Sedimenten der
Rheinaue-Gewässer lebende Populationen vie-
ler Sumpf- und Wasserpflanzen konserviert sind.
Viele dieser meist kurzlebigen Arten überbrücken
in der Diasporenbank die Zeit bis zur nächsten
Störung“ (Exposition des Sediments), die eine
Reproduktion erlaubt. Es ist bezeichnend, dass
nicht nur Schlammboden-Arten, sondern auch
Characeen positiv auf das Trockenfallen von Ge-
wässern reagieren. V
an
G
eest
(2005)
wies nach,