Seite 48 - Carolinea 68

44
carolinea, 68
(2010)
dass ein Wechsel von Trockenfallen und Überflu-
tung die Keimung von Characeen aus dem Sedi-
ment eines Rhein-Seitengewässers um das 12-
fache steigerte. Dies könnte auch für die Moose
Physcomitrium eurystomum und Aphanorhegma
patens gelten, die im Sediment eine zahlenmä-
ßig ungeheuer große Diasporenbank aufbauen,
sofern sie ihren Entwicklungszyklus vollständig
durch­laufen können (F
rahm
2000).
Die Ausdeichung der meisten Auegewässer, ver-
bunden mit einer Nivellierung der Wasserstän-
de in der Oberrheinaue, führte bereits zu einem
erheblichen Rückgang geeigneter Wuchsorte
und einer damit ver­bundenen Ausdünnung der
bekannten Fundorte vieler kurzlebiger Arten
der Wasserwechselzone (P
hilippi
mdl. Mitt.).
Vor­aussetzung für eine Keimung und Etablie-
rung amphibischer Arten sind aber gelegent-
liche Störungen des Lebensraumes, die früher
durch regelmäßige Überschwemmungen und
Sedimentumlagerungen des Rheins eintraten,
heute jedoch nur noch durch Baggerungen er-
möglicht werden. Der Salmengrund ist eines der
wenigen Auegewässer, in denen diese Prozesse
noch einigermaßen naturnah ablaufen. Aus öko-
logischer und naturschutzfachlicher Sicht von
Interesse ist in diesem Zusammenhang auch
eine Erscheinung, die in der Oberrheinaue fast
zum Erliegen gekommen, aber im Salmengrund
noch zu beobachten ist. Es handelt sich um das
spontane Auftreten von Arten, die durch das
Wasser verbreitet werden. Besonders auffallend
ist diese Erscheinung bei den Lemniden (Was-
serlinsen), unter denen nur Lemna minor bei
allen Besuchen im Salmengrund in nennens-
werten Mengen anzutreffen war. Sehr unstet ist
hingegen das Auftreten von Azolla filiculoides,
die nur 2001 und 2007 vorkam, dann allerdings
in größerer Menge. Diese Art tritt in rheinnahen
Gewässern nach Hochwässern unbeständig im
Spätsommer auf und verschwindet dann wieder
im Winter (P
hilippi
1990).
Dauerhafte Vorkom-
men im badischen Oberrheingebiet sind nicht
bekannt. Ein sich häufig wiederholender Prozess
von Eintrag und temporärer Ansiedlung scheint
auch bei einigen weiteren Arten stattzufinden,
die durch sporadisches Auftreten in geringer
Menge und an wechselnden Wuchsorten ausge-
zeichnet sind. Beobachtet wurde diese Kombina-
tion z.B. bei Butomus umbellatus, Sparganium
emersum, Zannichellia palustris und Chara con-
traria. Ob es sich immer um Einträge vegetativer
oder generativer Diasporen von außen handelt,
kann allerdings nicht mit Sicherheit beantwortet
werden. Möglicherweise handelte es sich auch
bei den nur 1995 von F
ritz
&
T
remp
(1997)
be­
obachteten Arten Hippuris vulgaris und Utricula-
ria cf. vulgaris um ephemere Vorkommen, die auf
eingeschwemmte Pflanzenteile zurückzuführen
waren. Bei den im Salmengrund neu entdeckten
Arten Mimulus guttatus und Impatiens capensis
ist dagegen ein Eintrag von Samen anzuneh-
men.
Ob und welche durch Hochwässer eingetra-
genen Arten in die Diasporenbank gelangen, ist
nur aufwendig zu ermitteln und konnte für den
Salmengrund nicht geklärt werden. Als Erklä-
rung für Unterschiede in der Arten- und Indivi-
duenzahl der Diasporenbank zwischen perma-
nenten, nicht überschwemmten und temporären,
überschwemmten Gewässern ist ein Eintrag von
Samen durch Hochwässer aber naheliegend und
vielfach nachgewiesen. So konnten z.B. V
ogt
&
J
ensen
(2001)
für die Eider in Schleswig-Holstein
und H
ammerschlag
(2004)
für das Anacostia Wet-
land (USA) nachweisen, dass gewaltige Mengen
hydrochor verbreiteter Samen von vielen Arten
im Laufe von Überflutungen abgelagert und zu
einem nicht unerheblichen Teil in die Diasporen-
bank inkorporiert werden.
Bisherige Auswirkungen der
Sanierungs-Maßnahmen
Ein wichtiges Ziel der verbesserten Anbindung
des Altwassers Salmengrund an den Rhein war
einer Erhöhung der Frequenz und Stärke mor-
phodynamischer Prozesse. Ob und bis zu wel-
chem Grad dieses Ziel erreicht wurde, lässt sich
zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht beurteilen.
Nach der Maßnahme zeigen der oberstromige
schmale Zulauf und der anschließende, aus-
gebaggerte Abschnitt des Altwassers deutliche
Spuren erhöhter Strömung in Form von Kolken,
leichten Anschnitten von Prallhängen sowie Ab-
tragungs- und Sedimentationsflächen. Nördlich
der Furt, in Abschnitt 2 (Abb. 1), lässt die Strö-
mung auch bei Hochwasser so stark nach, dass
weder eine Sedimentation von allochthonem Ma-
terial noch eine Erosion des aufgerissenen Se-
diments im nördlichen Teil des Altwassers fest-
gestellt werden konnte. Einem Abtransport von
Sedimenten im nördlichen Teil des Altwassers
wenig förderlich ist auch ein Rückstau bei hohen
Wasserständen, da der Salmengrund über einen
Graben mit dem nördlich angrenzenden Gewäs-
sersystem verbunden ist, das wiederum mit dem
Rhein in offener Verbindung steht. Hinderlich für
eine schnelle Durchströmung sind auch die bei