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S
chütz
:
Vegetation des Rhein-Altwassers im Salmengrund
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Hochwasser auftretenden Ansammlungen von
Totholz, die seit längerem zwischen Abschnitt 2
und 3 (siehe Abb. 1) bestehen.
Befürchtungen hinsichtlich der Vegetation betra-
fen vor allem eine mögliche negative Reaktion
einiger Wasserpflanzen, insbesondere der sel-
tenen Armleuchteralge Tolypella prolifera, auf
eine dauerhafte, mit einer höheren Zufuhr von
eurythermem Rheinwasser verbundenen Rhein-
anbindung (S
chiel
&
H
unger
2001).
Der grund-
wasserbetonte Charakter des Salmengrundes
wird allerdings durch das gewählte Höhen-Ni-
veau der Zuläufe, das für eine mittlere Dauer
des Zuflusses von Rheinwasser an ca. 50 Tagen
berechnet wurde, nicht wesentlich verändert. Ab-
gesehen davon setzt eine negative Reaktion der
den Zutritt von Grundwasser anzeigenden Arten
Tolypella prolifera und Groenlandia densa ihre
Anwesenheit im Wasserkörper voraus, was im
Salmengrund zur Zeit nicht der Fall ist. Auch die
Gefährdung bestehender Wasserpflanzen-Be-
stände durch Hochwässer erscheint gering. Eine
völlige Vernichtung von Wasserpflanzen-Popu-
lationen in periodisch vom Rhein durchströmten
Altarmen ist nach K
rause
(1971)
ein äußerst sel-
tener Fall und an dauerhaft starke Strömungen
gebunden. Bisher haben die durchgeführten
Maßnahmen im Salmengrund keine deutlichen
Veränderungen der Ufer- und Wasservegetation
bewirkt.Auf die Bodenbearbeitung des nördlichen
Altwasserteils im Januar 2009, die neben einer
Erleichterung des Sedimentabtransports der
Aktivierung von nicht in der Vegetation vorkom-
menden Arten der Diasporenbank dienen sollte,
hat von den gefährdeten und seltenen Arten des
Salmengrundes zumindest Oenanthe aquatica
mit einem verstärkten Auflaufen reagiert. Keine
Reaktion zeigten jedoch Tolypella prolifera und
andere Characeen, obwohl besonders Tolypella
prolifera oft erst nach Störungen des Sediments,
z.B. nach Grabenräumungen, auftritt (A
nonymus
2005,
van
G
eest
2005).
Eine Anbindung von Nebengewässern an den
Hauptstrom ergab in einschlägigen Unter­
suchungen überwiegend positive Resultate und
ist aus ökologischer Sicht wünschenswert (Ober-
rheinagentur 1996). Der geringere Artenreichtum
der Rheinaue-Gewässer im Vergleich zu den
Rhone-Gewässern liegt nach T
remolieres
(2004)
daran, dass im Rhone-System eine größere
Häufigkeit von Überflutungen und Sediment-
Umlagerungen auftritt (vgl. B
ornette
et al. 1998).
Der Artenreichtum wird bedingt durch die in Ge-
meinschaft mit den erhalten gebliebenen stö-
rungs- bzw. überflutungstoleranten Arten wach-
senden konkurrenzschwachen Pionier-Arten, die
durch die Hochwässer immer wieder eine ökolo­
gische Nische finden, denn anschließend an ein
Hochwasser-Ereignis kann das Gewässer von
Pionierarten besiedelt werden, die durch die Flut
eingetragen werden oder als Diasporen bereits
im Sediment vorhanden sind. Die stärkere Regu-
lierung des Rheins läßt eine solche Dynamik nur
an wenigen Stellen zu.
Zusammenfassend läßt sich feststellen, dass das
biologische Monitoring im Salmengrund eine der
wenigen Gelegenheiten ist, fundierte Erkennt-
nisse über die Reaktion von Flora und Vegetation
der Auegewässer auf ökotechnische Maßnahmen
zu gewinnen. Eine Weiterführung der Beobach-
tung ist deshalb dringend zu wünschen.
Danksagung
Bedanken möchte ich mich bei Herrn W. G
rönitz
(
LUBW), Herrn P. Z
immermann
(
RP Karlsruhe) und Herrn
Dr. K
ern
(
LIFE-Projekt-Management) für die Unterstüt-
zung und Förderung dieser Studie, Herrn R
euter
und
Herrn P
feiffer
von der Gemeinde Rheinstetten für die
bereitwillige Zusendung neuer Luftbilder und nicht zu-
letzt bei Herrn Prof. Dr. G. P
hilippi
(†)
für die Bestimmung
der Moose, für Kritik am Manuskript sowie für wertvolle
Hinweise zur Flora und Vegetation der Oberrheinaue.
Ein Großteil der Untersuchungen im Salmengrund wur-
de im Auftrag des Regierungspräsidiums Karlsruhe
(
LIFE-Projekt „Lebendige Rheinauen bei Karlsruhe“)
und der LUBW („Untersuchung der Diasporenbanken
in vier Gewässern der Rheinaue“) durchgeführt.
Literatur
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1
: 486
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