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uhrmann
: Marmormuster aus dem Naturalienkabinett der Caroline Luise
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Diese Veränderungen gestatteten den Gebrü-
dern F
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, in Bern eine Werkstatt einzurichten
und modernes Mobiliar, Spiegel, Kaminkonsolen
und andere Luxusgegenstände in der Verbindung
von Holz- und Gesteinsverarbeitung herzustel-
len, die mit den aus dem Ausland stammenden
Waren gut konkurrieren konnten. 1757 erhielten
die Gebrüder F
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das Habitantenrecht und wur-
den Berner.
Verarbeitete Gesteine
Geologie
Jahrhunderte lang sind im Berner Oberland
Steine für Bau- und Dekorationszwecke gebro-
chen worden. Abgesehen von den Graniten han-
delt es sich ganz überwiegend um Kalksteine,
um „Marmore“ im weiteren Sinne des Wortes.
Die meisten Gesteine finden sich in den helve-
tischen Decken, einige wenige im penninischen
Deckenkomplex der Préalpes (Taf. 1). Altersmä-
ßig entstammen sie dem Zeitraum zwischen der
Trias und dem Alttertiär. Abgelagert worden sind
diese Sedimentgesteine also ursprünglich in den
warmen Meeren des Mesozoikums. Ihr Aussehen
ist aber durch jüngere Veränderungen während
der Alpenfaltung wesentlich mitgeprägt worden.
Gemessen an den Transportmöglichkeiten jener
Zeit lagen die an sich kleinen und mühsam abzu-
bauenden Vorkommen im Berner Oberland ideal.
Die Steine wurden mit Fuhrwerken oder Schlit-
ten an die Seen transportiert und dann über die
Seen und die Aare in die Matte zur Marmorsäge
in die Stadt Bern verschifft. Ein Aareschiff fasste
100 Kubikfuß, ca. 2,5 m
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, Transportkapazität. Der
Oberländerstein war sehr vielfältig verwendbar. In
künstlerischer Hinsicht wurde im 18. Jahrhundert
der Höhepunkt mit der Verarbeitung von Ober-
länderstein durch die berühmten Kunsthandwer-
ker F
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und C
alame
erreicht.
Beschreibung ausgewählter Mustermarmore
Marbre de Merligen
Es handelt sich dabei um den Lithothamnienkalk
des Eozäns. In einer enggepressten Falte bildet
er den Gipfelaufbau der Spitzen Fluh am Sigris-
wilgrat in der Randkette der helvetischen Wild-
horndecke. Von hier sind mächtige Blöcke ins Tal
gestürzt und haben sich am Fuß der Steilhänge
oberhalb von Merligen angesammelt. Es gibt kei-
nen eigentlichen Steinbruch. Man findet Blöcke,
die sich auf natürliche Weise aus dem Fels ge-
löst haben. Merligen liegt am rechten Ufer des
Thuner Sees in der Nähe von Thun. Der Marmor
ist grau mit weißen Adern und sehr hart. Ange-
schliffen sind Nummuliten sichtbar. Der Merliger
Marmor wurde zwischen 1700 und 1860 intensiv
abgebaut und von Merligen aus über die Aare
nach Bern transportiert. Im 18. Jahrhundert ist
der Merliger Marmor in Bern von der Werkstätte
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verarbeitet worden. Um 1860 kam der Ab-
bau zum Erliegen.
Marbre du Belpberg
Charakteristisch ist ein kompakter, geaderter
Kalkstein desMalmderWildhorndecke.Es ist der-
selbe Fels, der als Hochgebirgskalk weiter süd-
lich viele der bekannten Gipfel der Berner Alpen
aufbaut, unter anderem das Wetterhorn, Eiger,
Blümlisalp und das Doldenhorn. In angewitterter
Form ist die Oberfläche des Gesteins hellgrau mit
einem Netz weißer Adern. In poliertem Zustand
wird es dunkelbraun bis fast schwarz, und die
Adern treten schneeweiß hervor. Die auffällige
Aderung ist ein Charakteristikum der Kalksteine
aus dem alpinen Deckengebiet. Während der
Alpenfaltung sind in den kompakten Gesteinen
Kluftsysteme aufgerissen, welche später durch
das Ausscheiden von reinem weißem Kalkspat
aus heißen Wässern wieder gefüllt worden sind.
Die lebhafte Zeichnung solcher Gesteine führte
zum Namen „wilder Marmor“. Dieser Marmor
kann seinem Aussehen nach keinem bestimmten
lokalen Vorkommen zugeordnet werden. Auch er-
ratische Blöcke aus der Umgebung von Bern sind
verarbeitet worden. So hat F
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für zwei Altäre in
der Ursen-Kathedrale den geaderten Kalkstein
eines Findlings vom Belpberg verarbeitet. Dieser
Marmor ist unter dem irreführenden Namen Mar-
bre du Belpberg in die kunsthistorische Literatur
eingegangen
Marbre de Därstetten
Es werden unterschiedlich
gefärbte Marmore
erwähnt
,
fleischfarbene, schwarze, rötliche und
graue Marmore aus der Umgebung von Där-
stetten. Eine Variante ist rötlich und mit feinen
unregelmäßigen grünen Lagen durchsetzt. R
o
-
ger
H
einz
(zit. in L
abhard
1989 ) hat sie aufgrund
ihres Fossilgehaltes als Kalkstein der Couches
Rouges bestimmen können. Diese Schichten
von Oberkreide-Alter finden sich heute nördlich
oberhalb von Därstetten anstehend, früher even-
tuell auch in Sturzblöcken.
Bei der graubeigen
mit weißen Calcitadern und Nestern und roten
Nähten durchsetzten Varietät handelt es sich
nach R
oger
H
einz
um einen tektonisch zertrüm-
merten brekziierten Malmkalk, wie er in der wei-
teren Umgebung von Därstetten zu finden ist.