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andrias, 19
(2012)
4 Unterirdische Symbionten –
die arbuskuläre Mycorrhiza
(Leiterin: Prof. Dr. N
atalia
R
equena
,
seit 2005 am KIT)
Die arbuskuläre Mykorrhiza (AM) –
ein biologischer Dünger
Die in der Natur allgegenwärtige arbuskuläre
Mykorrhiza-Symbiose (von altgriechisch mýk
ē
s -
Pilz sowie rhiza - Wurzel) ist eine Gemeinschaft
von Pflanzen und Pilzen zu beiderseitigem Nut-
zen. Hierbei dringt der Pilz in die Wurzel ein und
vergrößert durch sein ausgedehntes Hyphen-
netzwerk den der Wurzel zugänglichen Bereich
im Boden um ein Vielfaches. Somit versorgen die
Mykorrhiza-Pilze ihren Pflanzenwirt mit essenti-
ellen mineralischen Nährstoffen wie beispiels-
weise Phosphat oder Stickstoff, die sie aus der
Erde aufnehmen. Die Pflanze gewinnt dadurch
an Vitalität, was sich in einem verbesserten
Wachstum äußert. Zusätzlich sind kolonisier-
te Pflanzen resistenter gegenüber schädlichen
Pilzen und Bakterien sowie ungünstigen Bedin-
gungen wie Trockenheit, Salz- oder Schwerme-
tallbelastung der Böden. Im Gegenzug erhält
der Pilz von der Pflanze Kohlenhydrate aus
deren Photosynthese und kann somit wachsen
und sich fortpflanzen. Tatsächlich werden bis zu
20 % des durch Photosynthese erzeugten Zu-
ckers von der Pflanze an den pilzlichen Partner
abgegeben (Tafel 6, Abb. 7).
Wie Pflanzen und AM-Pilze „Handel“
betreiben
Eine Besonderheit der AM-Symbiose ist der ge-
genseitige Nährstoffaustausch. Die vom Pilzpart-
ner aufgenommenen mineralischen Nährstoffe
teilt er mit der Pflanze und unterstützt dadurch
das Pflanzenwachstum. Als Gegenleistung er-
hält der Pilz von der Pflanze Kohlenhydrate für
sein eigenes Wachstum. Beide profitieren somit
von ihrer Lebensgemeinschaft. Dreh- und Angel-
punkt des Nährstoffaustauschs sind die Arbus-
keln. Hier findet auf zellulärer Ebene der Nähr-
stoffhandel statt.
In der Arbeitsgruppe von Professor R
equena
wer-
den zwei Aspekte dieses Nährstoffaustauschs
genauer untersucht: Zum einen der Transport
von Stickstoff über den AM-Pilz zur Pflanze,
zum anderen der Transport von Kohlenhydraten
der Pflanze zum Pilz. Die Forscher konzentrie-
ren sich dabei auf die Charakterisierung von
pflanzlichen und pilzlichen Proteinen, über die
die Nährstoffaufnahme erfolgt. So konnten sie
vor kurzem ein Protein des Pilzes identifizieren,
den Monosaccharidtransporter 2 (MST2), über
das der Pilz Zucker von der Pflanze aufnimmt.
Ein weiteres Transportprotein, welches derzeit
detailliert untersucht wird, ist ein pflanzlicher
Ammoniumtransporter (AMT2.2). Dieser wird in
der Symbiose aktiviert und dient der Aufnahme
der vom Pilz gelieferten Stickstoffverbindungen
(Tafel 6, Abb. 8).
Anklopfen oder Tür eintreten? Arbuskuläre
Mykorrhiza-Pilze beherrschen beides
Da Mykorrhiza-Pilze Gemeinsamkeiten mit
schädlichen Pilzen teilen, ist es für die Pflanze
essentiell, zwischen Freund und Feind unter-
scheiden zu können. Diese Erkennung erfolgt
durch eine Art Riechen, die Kommunikation
durch organische Moleküle. Neben der Identifi-
zierung pilzlicher Signalstoffe beschäftigt sich
Prof. R
equena
auch mit den molekularen Mecha-
nismen, die das Wachstum des Pilzes innerhalb
der Wurzel ermöglichen.
Sprich, Freund, und tritt ein
In Folge der Perzeption pilzlicher Signalstoffe pro-
duziert die Pflanze bestimmte Proteine als Fol-
ge einer erhöhten Aktivität der entsprechenden
Gene. Solche Gene werden in der Arbeitsgruppe
von Prof. R
equena
identifiziert und in ihrer Funk-
tion beschrieben. So konnte sie nachweisen,
dass ein steroid-bindendes Protein (MSBP1,
membrangebundenes steroid-bindendes Prote-
in) nach der Erkennung des Pilzes aktiviert wird
und die Aufnahme des Pilzes in die Pflanzenzel-
le fördert. Die Forscher vermuten, dass dies mit
einer regulatorischen Rolle des Proteins auf den
Sterolmetabolismus im Zusammenhang steht.
Sterole sind wichtige Komponenten der zellulären
Membranen. Da der Pilz beim Wachstum inner-
halb der Wurzelzelle von Membranen der Pflan-
zenzelle umgeben ist, ist eine erhöhte Membran
synthese in diesem Stadium unabdingbar. Das
identifizierte Protein könnte somit der Schlüssel
zu einer gesteigerten Sterolsynthese und somit
auch zu einer vermehrten Produktion der not-
wendigen Membranen sein (Tafel 7, Abb. 9).
Und bist du nicht willig, so brauch’ ich
Gewalt
Doch der friedliche Schein trügt. Während die
Pflanze ihrerseits die Aufnahme des Pilzes för-
dert, besitzt sie doch ein Immunsystem, das das
Chitin in der Zellwand des Eindringlings erkennt.