F
ischer
et al.: Molekulare Mykologie am KIT
19
Zu ihrer Verteidigung antworten Pflanzen nun
normalerweise mit verschiedenen, für die Pilze
tödlichen Reaktionen. Die Forscher um N
atalia
R
equena
konnten jedoch zeigen, dass sich ar-
buskuläre Mykorrhiza-Pilze ähnlicher Tricks wie
pathogene Organismen bedienen, um das Im-
munsystem der Pflanze zu umgehen. Tatsäch-
lich sezernieren die Pilze Proteine, sogenannte
Effektoren, die in die Pflanzenzelle eindringen
und dort die Induktion einer Verteidigungs
antwort unterwandern. Im Zellkern der Pflanze
bindet ein solcher von der Gruppe identifizierter
Effektor, SP7 (sezerniertes Protein 7), einen
Transkriptions-Faktor (ERF19), der die Aktivi-
tät von Abwehr-Genen beeinflusst. Durch die
Interaktion wird die Transkription der Verteidi-
gungs-Gene verhindert und der Pilz kann unge-
hindert innerhalb der Wurzel wachsen (Tafel 7,
Abb. 10).
Ausgewählte Publikationen
B
onfante
, P. & R
equena
, N. (2011): Dating in
the dark: how roots respond to fungal signals
to establish arbuscular mycorrhizal symbio-
sis. – Curr. Opin. Plant Biol. (doi:10.1016/j.
pbi.2011.03.014).
G
uether
, M., V
olpe
, V., B
allestrini
, R., R
equena
,
N., W
ipf
, D. & B
onfante
, P. (2011): LjLHT1.2 – a
mycorrhiza-inducible plant amino acid trans-
porter from Lotus japonicus. – Biol. Fertil. Soils,
47
: 925-936.
H
elber
, N. & R
equena
, N. (2008): Expression of
the fluorescence markers DsRed and GFP
fused to a nuclear localization signal in the ar-
buscular mycorrhizal fungus Glomus intraradi-
ces. – New Phytologist. ,
177
: 537-548.
H
elber
, N., W
ippel
, K., S
auer
, N., S
chaarschmidt
,
S., H
ause
, B. & R
equena
, N. (2011): A versa-
tile monosaccharide transporter that operates
in the arbuscular mycorrhizal fungus Glomus
sp. is crucial for the symbiotic relationship with
plants. – Plant Cell,
23
: 3812-3823.
K
loppholz
, S., K
uhn
, H. & R
equena
, N. (2011): A
secreted fungal effector of Glomus intraradices
promotes symbiotic biothroph. – Curr. Biol. (doi:
10.1016/j.cub. 2011.06.044).
T
isserant
, E. & forty additional authors (2011):
The transcriptome of the arbuscular mycor-
rhizal fungus Glomus intraradices (DAOM
197198) reveals functional tradeoffs in an ob-
ligate symbiont. – New Phytol.,
193
(3): 1711-
1720.
5 Reinen Wein einschenken trotz Pilzattacke
– geht das?
(Leiter: Prof. Dr. P
eter
N
ick
, seit 2003 am KIT)
Worum geht es bei unserer Forschung?
Etwa 70 % der in Europa notwendigen Kosten für
Fungizide gehen auf das Konto des Weinbaus.
Die Weinrebe ist sehr anfällig gegen viele Krank-
heitserreger wie zum Beispiel den Falschen
Mehltau (Plasmopara viticola), den Echten Mehl-
tau (Erysiphe necator) und, seit einigen Jahren
zunehmend problematisch, die Schwarzfäule
(Guignardia bidwellii). Der Aufwand für che-
mischen Pflanzenschutz ist daher erheblich.
Gibt es keine Alternativen? In Nordamerika hat
sich der Falsche Mehltau gemeinsam mit wilden
Weinarten entwickelt, die offenbar gut mit die-
sem Erreger „zurechtkommen“. Die Evolution hat
dieses Problem also schon gelöst – könnte man
nicht die natürliche Artenvielfalt wilder Weinarten
nutzen, um neue Strategien zum Schutz unserer
anfälligen Rebsorten zu entwickeln? Genau dies
wird in der Arbeitsgruppe von Professor N
ick
in
einer langjährigen Kooperation mit dem Staatli-
chen Weinbauinstitut in Freiburg ausgelotet.
Zurück zu den Wurzeln – Wein,
Wissenschaft und Revolution…
Offen gestanden ist der Ansatz der Forschergrup-
pe gar nicht so neu, sondern knüpft an einer span-
nenden Geschichte an, die in Karlsruhe begonnen
hat: F
riedrich
H
ecker
, der badische Revolutionär
von 1848, emigrierte nach dem Scheitern seiner
politischen Visionen über die Schweiz in die USA.
Dort wandte er sich dem wissenschaftlichen Wein-
bau zu. Vor allem die Reblaus, die den Weinbau
hierzulande komplett verwüstete, beschäftigte ihn.
In einem langjährigen Briefwechsel überzeugte
er A
dolph
B
lankenhorn
, der in Karlsruhe 1868 mit
eigenen Mitteln ein „Oenologisches Institut“ ge-
gründet hatte, „Amerikanerreben“ einzusetzen,
um den Weinbau vor der Reblaus und den neu
eingeschleppten Pilzkrankheiten zu schützen. Aus
dieser Idee entstand nicht nur das erste Staatliche
Weinbauinstitut in Freiburg, sondern eine lange
Tradition, in der man mit züchterischen Mitteln so-
genannte pilzresistente Reben (PiWis) erzeugte,
die auch ohne Fungizideinsatz dem Pilzbefall zu
trotzen vermögen. Gerade wurden wieder sechs
PiWi-Sorten im Beisein von Landwirtschaftsmi-
nister B
onde
zugelassen – PiWi-Sorten sind das
Kernelement des immer populärer werdenden öko-
logischen Weinbaus. Anmerkung am Rande: Ein
Ableger der vor wenigen Jahren in einem überwu-