O
berwinkler
: Mykologie am Lehrstuhl der Universität Tübingen 1974-2011
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abiotischen und biotischen Stress induzieren.
Für die Verlängerung des mutualistischen Inter-
aktionsgeschehens sind offenbar absterbende
Wirtszellen notwendig, die von sebacinalen Pil-
zen besiedelt werden. – Die verborgene Welt der
Sebacinales und ihr enormes Potential für die
Mykorrhizaforschung und für Anwendungen im
Pflanzenbau hat W
eiss
(2007, 2010) für einen
breiten Leserkreis allgemein verständlich darge-
stellt. – Epiphytische Orchideen aus ecuadoria-
nischen Bergregenwäldern bilden Mykorrhizen
mit Sebacinales der Gruppe B (S
uárez
et al. 2008,
2009). Dass diese Sebacina-Sippen Mykorrhizen
bilden, wurde ultrastrukturell an Orchideen (Ste-
lis spp.,Pleurothallis lilijae) belegt. – Den relativen
Artenreichtum von Sebacinales, die mit Erica-
ceen und Orchideen in tropischen Bergwäldern
bei Loja, Südecuador, assoziiert sind, haben
S
etaro
et al. (2011) zu kalkulieren versucht. Sie
berichten, dass 74 % der Sebacinales MOTUs
(molecular operational taxonomic units) weltweit
bisher nur von diesen Untersuchungsflächen be-
kannt sind. Trotzdem könne hier nicht von einem
hotspot der Sebacinales-Diversitäten gesprochen
werden. – Die außerordentlich weite Verbreitung
und das häufige Auftreten von Sebacinen in
Landpflanzen haben W
eiss
et al. (2011) themati-
siert. Auf Grund ihrer molekularen Daten nehmen
sie an, dass die Vielzahl der Mykorrhizierungs-
typen, an denen Sebacinen beteiligt sind, auf
einen endophytischen Ursprung zurückgeführt
werden kann. – Sebacina vermifera-Stämme, die
mit Orchideenwurzeln assoziiert sind, wurden
von B
asiewicz
et al. (2011) molekular und phä-
notypisch charakterisiert. In dieser Arbeit haben
Z
uccaro
& W
eiss
Piriformospora williamsii neu
beschrieben. Die mutualistischen Eigenschaften,
das ungewöhnlich breite Wirtspektrum und die
potentiellen landwirtschaftlichen Anwendungs-
möglichkeiten von Piriformospora indica haben
Q
iang
et al. (2011) besprochen. Dies wurde auch
unter dem Gesichtspunkt diskutiert, dass mittler-
weile das Genom von P. indica bekannt ist. – Die
enorme ökologische Bedeutung der kryptischen
Sebacinales-Sippen kann derzeit auch nicht an-
näherungsweise abgeschätzt werden.
Auriculariales, Judasohrpilze und Verwandte
(Abb. 24)
In Ostasien sind Judasohrpilze, die elastisch-gal-
lertige Fruchtkörper bilden und an Holz wachsen,
bedeutende, häufig kultivierte Speisepilze. In
westlichen Ländern wird diese Esskultur weitge-
hend durch ostasiatische Restaurants vermittelt.
Abbildung 24. Judasohrpilze,
Auricularia-Arten. a) Auricu-
laria polytricha, Taiwan, Hua
lien, 22.5.2008. Dieser riesige
Fruchtkörper eines Judasohr-
pilzes ist in Kultur gewachsen.
Die Sägespäne in dem Plastik-
behälter waren vorher mit My-
cel des Pilzes beimpft worden.
Messbalken 2 cm. b) Auricularia
auricula-judae, Ausschnitt aus
dem Hymeniummit unterschied-
lich reifen Basidien und Basi-
diosporen. Messbalken 20 µm,
nach O
berwinkler
(1977a).