P
aulus
& W
idder
: Eriogaster catax – neuer Nachweis in Baden-Württemberg
89
biener
, G. P
aulus
, M. R
eusch
und C. W
idder
). Die
Suchen blieben alle ergebnislos. Hingegen kam
man bei einer Vergleichssuche im Elsass schnell
zu einem positiven Ergebnis.
Am 4. Mai 2012 fand C. W
idder
dann wieder drei
erwachsene Raupen in ihrem Tagfaltermonito-
ring-Transekt im Untersuchungsgebiet, jeweils
in Bodennähe an ca. 40-70 cm hohen, neuen
Weißdorn- und Ulmentrieben. Von O. K
arbie
-
ner
, M. R
eusch
und C. W
idder
wurden am 8. Mai
2012 die Fundstellen der erwachsenen Rau-
pen weiträumig nach Altnestern abgesucht. Die
Nestsuche verlief jedoch ergebnislos! Allerdings
fanden die genannten Personen noch weitere er-
wachsene Raupen im Gras (was untypisch ist,
diese Raupe wurde auf Ulme umgesetzt und fing
sofort an zu fressen), an Schlehe und auf Eiche.
Nahezu alle Beobachtungen lagen in gut zugäng-
licher Wegnähe. Die Altnestsuche blieb auch an
diesen weiteren Fundstellen ergebnislos.
Untersuchungsgebiet
Die Markgräfler Trockenaue ist im Wesentlichen
ein Habitatkomplex aus Eichen-Trockenwäldern
und Magerrasen in verschiedenen Sukzessions-
stadien. Vor der Rheinbegradigung durch T
ulla
standen dort feuchte Auwälder, die durch die Dy-
namik des Rheins geprägt wurden. Diese wan-
delten sich durch die Grundwasserabsenkung
in die heutigen Trockenwälder um. Die fehlende
natürliche Dynamik wird heute durch natur-
schutzfachliche Eingriffe ersetzt, damit die Struk-
turvielfalt erhalten bleibt (M
eineke
et al. 2000).
Dazu gehören auch Mittelwaldstellungen in er-
heblichem Ausmaß. Das Gebiet zeichnet sich
durch hohe Artenvielfalt und viele gefährdete
Arten aus. Es ist als FFH-Gebiet gemeldet und
in großen Teilen auch Naturschutzgebiet (NSG
Rheinwald Neuenburg).
Diskussion
Aufgrund der geschilderten Fundumstände ge-
hen wir davon aus, dass keine natürliche Einwan-
derung stattfand. Die Nähe zu Wegen sowie un-
typische Funde lassen den Schluss zu, dass seit
mindestens 2010 mehrfach versucht wird, die Art
im Untersuchungsgebiet anzusalben. Eine an-
satzweise erfolgreiche Reproduktion im Gebiet
wurde durch den Fund des Raupennests von G.
P
aulus
am 11. April 2011 (s.o. unter neue Nach-
weise) nachgewiesen. Beim Öffnen des Nests
wurden die Reste des an den Schlehenzweig
natürlich angeklebten Eigeleges gefunden.
Die Etablierung einer stabilen Population in der
Trockenaue ist laut Expertenmeinung unwahr-
scheinlich (O. K
arbiener
, E. R
ennwald
im Lepi-
forum). Die besiedelten Habitate im Elsass sind
sehr viel größer und für die Art geeigneter aus-
gebildet. Dagegen sind die potenziellen Habitate
in der Trockenaue zu klein, geeignete Strukturen
u.a. für die Eiablage sind nicht ausreichend vor-
handen. „Wenn das Gebiet völlig geeignet wäre,
dann würde es die Art selbst dahin geschafft ha-
ben“ (E. R
ennwald
, Lepiforum,
rum.de/cgi-bin/forum2010.pl?md=read;id=84671
ff.; Stand: 8. Oktober 2012). Da die Naturschutz-
verwaltung die Mittelwaldstrukturen in der Mark-
gräfler Trockenaue auch in den nächsten Jahren
im Hinblick auf die Lichtwaldzönosen noch wei-
ter erheblich ausweiten wird (M
eineke
mdl. Mitt.),
halten wir bei zunehmender Habitatfläche in der
Zukunft eine dauerhafte Etablierung von E. ca-
tax für möglich. Die Unsicherheit, ob es sich in
einem solchen Fall um angesalbte oder spontan
übergesiedelte Vorkommen handelt, wird jedoch
immer bestehen bleiben (K
arbiener
mdl. Mitt.).
Unkontrollierte Ansiedlungen von Tieren und
Pflanzen in der freien Landschaft werden von
den Naturschutzbehörden
fachlich abgelehnt
und sind auch nach Naturschutzrecht verboten.
Wiederansiedlungen werden zwar in manchen
Fällen durchaus befürwortet, die Vorausset-
zungen dafür sind aber sehr hoch. Eine Wieder-
ansiedlung darf nur dann erfolgen, wenn das Ha-
bitat für die Art wieder oder immer noch geeignet
ist und auch eine überlebensfähige Population
tragen kann. Künstliche Erstansiedlungen, wie
sie in diesem Artikel beschrieben werden, sind
abzulehnen.
Dank
Wir danken J.-U. M
eineke
und O. K
arbiener
für die Un-
terstützung bei der Manuskripterstellung, ebenso wie
für Literaturhinweise und einen Teil der Fotos.
Auch
danken wir R. B
olz
für weitere Literatur.
Literatur
B
olz
, R. (1998): Zur Biologie und Ökologie des He-
cken-Wollafters Eriogaster catax (L
innaeus
1758) in
Bayern (Lepidoptera: Lasiocampidae). – Nachr. en-
tomol. Verein Apollo, N.F.
18:
331-340.
E
bert
G. (Hrsg.) (1994): Die Schmetterlinge Baden-
Württembergs, Band 4. – 535 S.; Stuttgart (Verlag
Eugen Ulmer).