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carolinea, 70
(2012)
(Deutscher Museumsbund 2011). Wichtige An-
forderungen an die Sammlungsverwaltung und
die meist projektbasierte museale Forschung
(V
erhaagh
& K
lingenberg
2007, K
lingenberg
&
V
erhaagh
2009, V
erhaagh
et al. 2009) sind dabei,
Belege und zugehörige Daten sicher zu verwah-
ren bzw. zu speichern, effektiv zu verwalten und
für die primäre Auswertung, aber auch spätere
Verwendungen in anderen Zusammenhängen
vorzuhalten. Die Notwendigkeit des Umgangs
mit Sammlungsobjekten und -daten ist allen Mu-
seen gemein, jedoch ist die Menge der Daten
und Metadaten in naturkundlichen Belegsamm-
lungen oft größer und die Struktur der zugehö-
rigen Datenbanken komplexer als zum Beispiel
an kunsthistorischen Museen (T
riebel
2009).
Zu den Millionen inventarisierten botanischen
oder zoologischen Objekten gehören primäre,
das Objekt beschreibende Daten (Artname und
taxonomische Einordnung, Geschlecht u.a.), auf
den Fund bzw. das Sammeln bezogene Daten
(Fundort, Datum, Sammler) sowie häufig eine
große Menge stark heterogener, sekundärer In-
formationen (weitere Angaben zur Herkunft, den
Umständen und Methoden der Aufsammlung, Um-
weltdaten, Projektdaten, etc.). Diese sogenannten
Metadaten und ihre Verfügbarkeit in möglichst
standardisierter Form garantieren erst die nach-
haltige Nutzbarkeit und den Wert der Datensätze
für anwendungsbezogene Auswertungen.
Eine nachhaltige elektronische Speicherung gro-
ßer Datenmengen und deren effiziente Nutzung
ist seit Anfang der 80er Jahre möglich und revo-
lutionierte (mit Zeitverzögerung) auch die Arbeit
der sammlungsverwaltenden und forschenden
Naturkundemuseen. In der zoologischen Abtei-
lung des Staatlichen Museums für Naturkunde
Karlsruhe (SMNK) wurde schon früh ein großer
Teil der Forschungsdaten auf lokalen Desktop­
rechnern in individuell erstellten (auf Basis von
DBASE
®
, MS-Foxpro
®
, später MS-Access
®
)
oder proprietären (Sammlungs-) Datenbanks­
ystemen, z.B. BIOTA
®
(C
olwell
2011), erfasst
und verwaltet. Es dauerte aber noch eine gewisse
Zeit, bis die teilweise sehr großen Datenmengen
der Belegsammlungen digitalisiert und in Daten-
banken verwaltet wurden. In der Regel wurden
aber Daten zu Belegsammlungen getrennt von
Forschungsdaten gehalten.
Die Zoologen und Entomologen des Museums
waren bereits früh an gemeinschaftlichen Zu-
sammenstellungen von Literatur (für Spinnen
initiiert von J. C
oddington
vom Smithsonian) und
Belegsammlungen (Projekte OBIF, GBIF) betei­
ligt. Dabei wurden auch Systeme ausprobiert, für
die eigene Arbeit verworfen und gegen andere
ausgewechselt. Obwohl der geleistete Aufwand
nicht unbedingt immer zu dauerhaften Lösungen
für das SMNK führte (z.B. beim Datenbank­
system SysTax der Universität Ulm), wurden da-
durch Daten erstmals digitalisiert und in relatio-
nale Strukturen gebracht.
In jüngster Zeit haben sich die Möglichkeiten,
aber auch die Anforderungen an Datenbank­
systeme enorm erweitert. Insbesondere die
Verfügbarkeit der Daten – institutsintern, für in-
stitutsübergreifende Arbeitsgruppen oder welt-
weit – und die Vernetzung von Daten(-banken)
wird immer mehr zur Grundlage für effiziente
Forschung und Anwendung der Erkenntnisse.
Moderne Datenbanksysteme setzen daher
heute auf serverbasierte Lösungen, die per In-
tra- oder Internet ortsunabhängig zur Verfügung
stehen. Die netzbasierte Arbeitsweise erleichtert
den Datenaustausch und insbesondere auch die
simultane Arbeit mehrerer Personen an Daten,
stellt jedoch die Museen bzw. deren Mitarbeiter
durch die benötigten technischen Infrastrukturen
(Hard- und Software) bzw. neuen Arbeitsweisen
auch vor neue Herausforderungen. Diese Verän-
derung der musealen Arbeit führt zu einer „Evolu-
tion“ der Forschungsmuseen von objektbasierten
„Sammlungslagerstätten“ zu modernen, service-
orientierten Datenrepositorien (T
riebel
2009).
Folgende konkrete Anforderungen und spezielle
Interessen bestimmter Nutzer an zoologische Da-
tenbanken am SMNK lassen sich identifizieren:
1. Das eigene Institut (Direktion, Abteilungsleiter,
Wissenschaftler) bzw. übergeordnet der öf-
fentliche Träger (Ministerium für Wissenschaft,
Forschung und Kunst Baden Württemberg,
MWK) wollen einen Überblick über den Be-
stand an Museumsobjekten, im Sinne einer
Inventarisierung und zunehmend mit dem
Wunsch nach quantitativer bis hin zu mone-
tärer Bewertung. Diese Anforderung erscheint
stark geprägt von den Kunstsammlungen und
-museen. In Baden-Württemberg wurde für
diese Aufgabe eigens ein Museums-Informa­
tionssystem (MusIs) auf der Oracle
®
-basierten
Datenbank „imdas pro“
entwickelt.
2. Viele Internetnutzer mit allgemeinem natur-
kundlichen Interesse suchen möglichst medial
aufbereitete Datensätze zu Objekten in Aus-
stellungen und Sammlungen. Hier spielt der
Zugang zu den Daten über moderne Datenpor-
tallösungen für die Zufriedenheit des Nutzers
und damit den Nutzungsgrad eine große Rolle.
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