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aub
et al.: Zoologische Datenbanken am SMNK
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diese Weise können sie bei der Planung zukünf-
tiger Projekte und beim regionalen Umweltma-
nagement einen erheblichen Beitrag leisten.
4 Diskussion
Ein erfolgreich etabliertes und funktionierendes
Datenbankkonzept kann die datenbezogenen
Arbeitsabläufe an einem Museum sowie die Auf-
bereitung, Präsentation und Nutzung von Samm-
lungen und Forschungsergebnissen deutlich und
nachhaltig verbessern. Die Umsetzung erfordert
jedoch anfänglich viel Arbeit und ein erhebliches
Maß an Planungs- und Koordinationsaufwand,
auch um den musealen Alltagsbetrieb so gering
wie möglich zu belasten (F
razier
et al. 2008). Da
durch die immer stärkere Vernetzung der For-
schung und den globalen Informationsfluss die
Forderung nach der freien Verfügbarkeit (für je-
dermann, an jedem Ort und zu jedem Zeitpunkt)
von Forschungsergebnissen und mit öffentlichen
Mitteln erhobenen Daten einhergeht, erscheint
die Entwicklung eines solchen Konzepts zur Ver-
wendung moderner Datenbanksysteme für ein
Forschungsmuseum jedoch unausweichlich.
In der Biodiversitätsforschung, besonders in der
Taxonomie, rückt der Gedanke von lizenz- und
kostenfrei verfügbaren Informationen immer stär-
ker in den Vordergrund, gut erkennbar z.B. am
Interesse und der steigenden Nutzung der vom
Plazi-Projekt zur Verfügung gestellten Informati-
onen und dem generell steigenden Interesse poli-
tischer Entscheidungsträger (EU-Datenrichtlinie,
European Commission 2012). Auch immer mehr
namhafte Zeitschriften und Verlage gehen dazu
über, Informationen/Teile aus Publikationen (per
xml) unter einer Creative Commons Lizenz zur
Verfügung zu stellen (z.B. Pensoft Publishers).
Durch die auch zunehmend vorhandene Mög-
lichkeit der direkten Publikation von (wissen-
schaftlichen) Datensätzen auf spezialisierten Da-
tenportalen (C
havan
& P
enev
2011, GBIF 2011,
M
oritz
et al. 2011) abseits von bzw. zusätzlich zu
Fachartikeln, kommt dann den Metadaten, den
die Basisdaten beschreibenden Informationen,
und deren standardisierter Speicherung eine
starke Bedeutung zu.
In diesem komplexen Gefüge des Informations-
flusses aus den verschiedensten Quellen gewin-
nen die modernen Forschungsmuseen als „Infor-
mations-Broker“ und durch das dort traditionell
ansässige taxonomische Expertenwissen eine
Rolle mit stetig anwachsender Wichtigkeit. Mu-
seen können, oder vielmehr müssen, auf diese
Art einen zentralen Knotenpunkt bei der Informa-
tionsbereitstellung bzw. -vermittlung darstellen.
Hierbei spielt die erfolgreiche Verknüpfung der
Disziplinen Naturwissenschaft und Informatik
und eine auf langfristige Nachhaltigkeit ausge-
richtete Strategie eine große Rolle, um das im
Moment entstehende „Informationsnetzwerk“
aus Forschungsdaten nicht in Kürze in sich zu-
sammenfallen zu lassen. Aus diesem Grund
fallen an naturwissenschaftlichen Sammlungsin-
stitutionen neben den klassischen kuratorischen
Aufgaben immer mehr informationstechnische
Arbeiten an, die z.B. ein den Sammlungskura-
toren zur Seite gestellter „Data Curator“ über-
nehmen kann, der die Datenhaltungsstrategie
der Sammlungen überwacht und koordiniert. Im
Gegensatz zur analogen Datenhaltung in Papier-
form (Bücher, Zeitschriften, Reports, etc.) kann
man digitale Datensätze nicht jahrzehntelang
in einem Schrank deponieren. Aufgrund der ra-
santen Entwicklung im EDV- und Computerbe-
reich fallen hier konstante Arbeiten an, um die
Datensätze neuen Formaten, aber auch komplett
neuen Technologien anzupassen. So sind bei-
spielsweise verschiedene Diskettenformate und
deren Lesegeräte, zum Teil bereits nach weni-
gen Jahren, fast komplett vom Markt verschwun-
den. Deshalb kann nur durch ein durchdachtes
Datenhaltungskonzept die langfristige Haltung
sammlungsrelevanter Daten und Metadaten ga-
rantiert werden.
Wissenschaftler am SMNK wollen daher durch
die genannten Projekte die Vernetzung voran-
treiben und mit der Mobilisierung möglichst um-
fangreicher Datensätze zu einem erfolgreichen
Aufbau und Ausbau der globalen Biodiversitäts-
Dateninfrastruktur, gesteigerter Datensicherheit
und weltweit vernetzter Analysemöglichkeiten
beitragen. Auf Basis des „linked data“-Ansatzes
(B
izer
2009) möchten wir die Vision einer Ent-
wicklung des Internets in ein Netz öffentlich frei
zugänglicher Informationen („global data com-
mons“), das es Anwendungen und Anwendern
erlaubt, sich in umfangreicher Weise Daten und
die in ihnen gespeicherten Informationen zu
besorgen, vorantreiben. Ein Beispiel dafür, wie
erfolgreich die globale Verbindung und kluge
Analyse von großen Datenmengen sein kann,
zeigt die Internet-Suchmaschine Google: Nur
über die Analyse der Verteilung der Verwendung
des Suchbegriffs „Grippe“ (engl. flu) gelingt eine
recht zuverlässige Vorhersage der Ausbreitung
einer Grippewelle
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