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Carolinea 72

(2014): 89-95, 9 Abb.; Karlsruhe, 15.12.2014

89

Über einige seltene Saftlingsarten

(

Hygrocybe

s.l.) nährstoffarmer Standorte im

Stadtgebiet von Karlsruhe

T

orsten

B

ernauer

& M

arkus

S

choller

Kurzfassung

Ein Großteil der Saftlinge (Gattung

Hygrocybe

s.l.)

sind farblich auffällige Pilzarten nährstoffarmer Offen-

landstandorte. Im Stadtgebiet von Karlsruhe konnten

bisher keine der seltenen Arten beobachtet werden.

Im Rahmen von Untersuchungen zur Veränderung der

Karlsruher Großpilzflora wurden im Herbst 2013 erste

Begehungen auf einigen der Streuobstwiesen und

anderer Magerstandorte des östlichen Stadtgebiets

durchgeführt. Fünf der acht nachgewiesenen Arten

sind bisher aus Karlsruhe nicht bekannt und stellen

„Rote-Liste-Arten“ dar:

Cuphophyllus lacmus

,

C. pra-

tensis

,

Hygrocybe acutoconica

,

H

.

coccinea

und

H

.

subpapillata

. Die Saftlingsarten werden kurz vorgestellt

(Morphologie, Verbreitung, Fotos vom Standort). Die

Funde unterstreichen die Bedeutung nährstoffarmer

Wiesen und deren Pflege für die pilzliche Diversität im

Ballungsraum Karlsruhe.

Abstract

On some rare waxcap species (

Hygrocybe

s.l.) in

nutrient-poor habitats in Karlsruhe

Most waxcaps (genus

Hygrocybe

s.l.) are species with

conspicuous colors in nutrient-poor open land habitats.

So far none of the rare species could be observed in

the city of Karlsruhe. Within the framework of a project

about the changing macrofungus flora of Karlsruhe,

first field studies were carried out in meadows with

scattered fruit trees and other nutrient-poor habitats

in eastern Karlsruhe in autumn 2013. Five of the eight

observed species are recorded for the first time in

Karlsruhe and belong to rare “Red data list species”:

Cuphophyllus lacmus

,

C

.

pratensis

,

Hygrocybe acuto-

conica

,

H

.

 coccinea

, and

H

.

subpapillata

. The waxcap

species are briefly described (morphology, distribution,

photos of the habitat). The findings of rare waxcaps

underline the importance of low-nutrient meadows for

fungal diversity in Karlsruhe and surroundings.

Autoren

T

orsten

B

ernauer

,

M

arkus

S

choller

, Staatliches Muse-

um für Naturkunde Karlsruhe, Abt. Biowissenschaften,

Erbprinzenstraße 13, D-76133 Karlsruhe;

E-Mail:

torsten.bernauer@smnk.de

Einleitung

Die Saftlinge (

Hygrocybe

s.l.) stellen eine der

farbenprächtigsten Gattungen unter den Pilzen

dar. Die meisten der Arten kommen auf nähr-

stoffarmen Standorten (extensiv genutzte, oligo-

trophe Wiesen und Weiden) wie z.B. Mager- und

Streuobstwiesen, Halbtrockenrasen, Trocken-

rasen sowie ungedüngten Rasen in Parks, auf

Friedhöfen und an Hochwasserdämmen vor

(

B

eisenherz

2000,

K

rieglsteiner

2001,

B

oertmann

2010,

S

chrimpl

2014).

Die Ernährungsweise der

Hygrocybe

-Arten ist

noch nicht vollständig geklärt.

H

albwachs

et al.

(2013) zeigten, dass Hyphen verschiedenster

Saftlingsarten in lebenden Feinwurzeln der sie

umgebenden Vegetation wachsen, und vermu-

ten, dass

Hygrocybe

eine biotrophe Lebens-

weise (parasitisch oder symbiontisch) aufweist.

T

ello

et al. (2013) wiesen nach, dass

H

.

virginea

endophytisch mit

Plantago lanceolata

(Spitz-We-

gerich) assoziiert ist und matern übertragen wird.

In ihren Versuchen breitete sich der Pilz in den

Wurzeln während bzw. nach der Keimung der

Samen aus. Sie nehmen an, dass der Pilz durch

das reich verzweigte Wurzelsystem von

P

lance-

olata

Stickstoffquellen leichter erreicht.

Saftlinge bevorzugen frische bis trockene,

nährstoffarme Standorte und verschwinden

bei Nährstoffeintrag aus der Luft oder benach-

barten Agrarflächen, intensiver Beweidung,

mineralischer Düngung oder Umwandlung der

nährstoffarmen Wiesen in ertragreiches Grün-

land (

W

öldecke

1990,

B

oertmann

2010). Alle hei-

mischen Saftlings-Arten werden nach der Bun-

desartenschutzverordnung (BArtSchV) (2005)

unter „besonderen Schutz“ gestellt.

Im Rahmen des Projekts „Die Großpilzflora des

Ballungsraums Karlsruhe und ihre Veränderung“

wurden zwischen Mitte Oktober und Mitte No-

vember 2013 auch einige Magerstandorte im

östlichen Stadtgebiet untersucht. Im Folgenden