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A
ly
: Neue Naturschutzgebiete im Regierungsbezirk Karlsruhe
125
berle
, pers. Mitt. 2010); die Felsen gehören zu
seinem Jagdrevier.
Folgende
Fledermausarten
konnten im Ge-
biet nachgewiesen werden: Großer und Kleiner
Abendsegler (Nyctalus noctula, N. leisleri ), Große
oder kleine Bartfledermaus (Myotis brandtii, M.
mystacinus), Graues oder Braunes Langohr
(Plecotus austriacus, P. auritus), Großes Maus-
ohr und Wimperfledermaus
(Myotis myotis, M.
emarginatus)
, Nord-, Rauhaut- und Zwergfleder-
maus (
Eptesicus nilssonii,
Pipistrellus nathusii, P.
pipistrellus).
Die Unterscheidung von Großer und Kleiner
Bartfledermaus ist mittels Lautanalyse zurzeit
nicht möglich. Auch die Unterscheidung des
Grauen und des Braunen Langohrs ist mittels
Lautanalyse schwierig. Da aber 2010 das Graue
Mausohr sicher nachgewiesen werden konnte
und vor Jahren zwei Totfunde aus Mühlhausen
sicher als Graue Mausohren bestimmt werden
konnten (T
homas
K
öberle
, pers. Mitt. 2010), darf
angenommen werden, dass diese vom Ausster-
ben bedrohte Art hier noch ein Refugium besitzt.
Die Artenliste belegt die hervorragende Bedeu-
tung des Gebietes für den Fledermausschutz.
Eine wichtige Rolle spielt dabei die Nähe des
Wassers und die Wärmespeicherung des Hangs
mit seinen Felsen und Trockenmauern, die zu-
sammen für eine überdurchschnittliche Insekten-
dichte in den Dämmerungsstunden sorgen.
Eine Überraschung war der Nachweis der sehr
seltenen Wimperfledermaus. Eine einzige Rufse-
quenz wurde festgestellt, die Zuordnung zu die-
ser Art aber von zwei Fachleuten bestätigt (I
ngrid
K
aipf
und C
hristian
D
ietz
, pers. Mitt. 2010).
2010 wurden 72 Arten aus der Gruppe der
Wild-
bienen
nachgewiesen, darunter 14 Arten der
Roten Liste. 1990 konnten dagegen 179 Arten
nachgewiesen werden (T
reiber
& S
chmid
-E
gger
1990). Die Ursachen der Abweichungen werden
im entsprechenden Abschnitt zum NSG „Kam-
mertenberg“ diskutiert.
Reptilien:
Die Mauereidechse
(Podarcis mura-
lis)
ist im Gebiet allgegenwärtig: Sie bevorzugt
senkrechte Steinwände und findet daher hier an
den Felsen und Trockenmauern einen idealen
Lebensraum. Die Schlingnatter
(Coronella aus-
triaca)
ist ebenfalls vertreten, ebenso die Zaun-
eidechse
(Lacerta agilis)
.
Schutzwürdigkeit
Legt man die Kriterien „Ausstattung mit Arten“
und „Ausstattung mit Lebensräumen“ zu Grun-
de, ist das Gebiet hinsichtlich der Felsenbiotope,
der Fledermaus- und der Wildbienenfauna von
regional herausragender Bedeutung. Bei den
Felsbiotopen kommt ein hoher, regional gesehen
sogar einzigartiger Seltenheits- und Natürlich-
keitsgrad dieses Biotoptyps hinzu.
Werden bei der Bewertung der Schutzwürdig-
keit die umgebenden Obstbaumwiesen und die
Strukturen des gesamten Landschaftsraums
des unteren Enztals mit berücksichtigt, ist die-
ser Landschaftsraum insgesamt gesehen von
landesweiter naturschutzfachlicher Bedeutung
(R
eck
1996). Das vorliegende Gebiet ist hiervon
ein Kernstück. Darüber hinaus erfüllt das Gebiet
als monumentales Landschaftsbild die natur-
schutzfachlichen Wertkriterien der Einzigartigkeit
und Repräsentanz in hohem Maß. Es hat große
Bedeutung als Trittsteinbiotop für Bewohner von
Felsen und ist ein Musterbeispiel für die Eigen-
art und Schönheit der historischen Kulturland-
schaften Baden-Württembergs.
Schutzbedürftigkeit, besondere
Bestimmungen der Verordnung
Gefährdet ist dieses Gebiet durch die Aufgabe
der Weinbergsnutzung, die Verbuschung aufge-
gebener Weinberge und die ungesteuerte Frei-
zeitnutzung.
Die Aufgabe der Weinbergsnutzung ohne Min-
destpflege würde zumÜberwachsen der Trocken-
mauern und Weinbergsbrachen mit naturschutz-
fachlich weniger wertvollen Gebüschen führen.
Die Ausweisung eines NSG stellt sicher, dass
Naturschutzmittel zur Erhaltung der Mauern und
zur Pflege der nicht mehr genutzten Terrassen
zur Verfügung stehen. Auch die Felsengebüsche
müssen zurückgeschnitten werden, wenn sie
die Besonnung der Felsen und Schutthalden am
Felsfuß einschränken; auch dies ist eine Aufgabe,
der sich die Naturschutzverwaltung nun stellt.
Der negative Effekt ungesteuerter Freizeitnut-
zung zeigt sich an der Feuerstelle am höchsten
Punkt des Gebietes. Von nächtlichen Aktivitäten
gehen Störungen für Vögel aus, die sich wäh-
rend der Brutzeit negativ auf den Bruterfolg aus-
wirken. Die Verordnung sieht eine entsprechende
Einschränkung vor. Eine Tafel informiert über die
Besonderheiten des Gebietes und wirbt für die
Einhaltung der Bestimmungen der Verordnung.
Die Erhaltung des Steillagen-Weinbaus als land-
schaftsbildprägende und Lebensraum schaf-
fende Nutzung ist Teil des Schutzzwecks der
Verordnung. Dieser Weinbau soll durch die Aus-
weisung des Naturschutzgebietes gefördert und
nicht etwa eingeschränkt werden. Die Verord-
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