158
andrias, 19
(2012)
fälschlich als Speisepilz geführt wird, wurde
2011 von einem Ratsuchenden eimerweise ge
sammelt mit dem Hinweis, dass eine Nachba
rin, eine Russlanddeutsche, die Art als essbar
eingestuft habe (Tafel 1, Abb. 2). In Deutschland
gibt es immer wieder Todesfälle durch Pilzver
giftungen, so auch in Karlsruhe (H
aendle
2010a,
b). Ob die Pilzberatung am Naturkundemuse
um zu weniger Vergiftungen führt, darf jedoch
bezweifelt werden, da erfahrungsgemäß Leute,
die zur Pilzberatung kommen, ihr Sammelgut
ohne Beratung nicht verzehren würden. Die
meisten Vergiftungen resultieren daraus, dass
Sammler ihre Artenkenntnis überschätzen und
die Pilzberatung nicht nutzen. In Deutschland
gilt dies im Besonderen für Russlanddeutsche
aus dem nördlichen Russland, die den Grünen
Knollenblätterpilz aus ihrer Heimat nicht kennen
(vgl. P
ringle
& V
ellinga
2006). Die Pilzberater
der PiNK bieten deshalb Behörden und Woh
nungsverwaltungen mit hohem Aussiedleranteil
ein kostenloses deutsch-russisches Poster der
DGfM an, auf dem Speisepilze und ihre giftigen
Doppelgänger erklärt werden. An der Konzepti
on dieses Posters (siehe
taxonomy/term/68 ) waren auch PiNK-Mitglieder
beteiligt. Auch wurde von der Arbeitsgruppe ein
weiteres Poster mit dem Titel „Karlsruher Spei
sepilze und ihre giftigen Doppelgänger“ konzi
piert, das sich großer Beliebtheit bei Biologie
lehrern im Schulunterricht erfreut.
4 Schlussfolgerungen
Die moderne Pilzberatung ist ein kostenloser
Service des Naturkundemuseums für die Be
völkerung. Im Gegensatz zu früher dient sie
jedoch nicht allein der Volksernährung und der
Vergiftungsprophylaxe. Vielmehr versuchen
Pilzberater, auch Pilzkunde im weiteren Sinne
zu vermitteln, im speziellen naturkundliche und
naturschutzrelevante Aspekte. Und dies mit
beachtlichem Erfolg. So rekrutieren sich die
meisten der in der PiNK aktiven Mitglieder aus
ehemaligen Ratsuchenden, die über die „Koch
topfmykologie“ hinaus Interesse für die Pilze
zeigten und sich weiterbildeten. So haben acht
Mitglieder die Prüfung zum Pilzsachverstän
digen der DGfM abgelegt, sind anderweitig in
der Öffentlichkeit aktiv, so für die Pilzausstellung,
die Giftnotzentrale in Freiburg und Naturschutz
behörden, führen Lehrwanderungen durch oder
beteiligen sich am Forschungsprojekt „Pilzflora
von Karlsruhe“ (S
choller
& M
üller
2008). Der
Erstautor fungierte von 2008 bis 2012 als Vor
standsmitglied und Beauftragter für Pilzsachver
ständige der DGfM.
Dank
Für diverse Auskünfte danken wir Dr. U
lrike
S
chofer
,
H
elmut
S
chwöbel
und W
illiam
Z
immer
.
Literatur
B
odinus
, F. (1917): Über Pilze und Pilzwürzen. – Zeit
schrift für Untersuchung der Nahrungs- und Ge
nussmittel sowie der Gebrauchsgegenstände,
34
:
481-485.
H
aendle
, R. (2010a): Patientin stirbt an einer Pilzvergif
tung. – Badische Neueste Nachrichten,
221
: 5.
H
aendle
, R. (2010b): Korrektur. – Badische Neueste
Nachrichten,
222
: 9.
K
lein
, L. (1921a) Gift- und Speisepilze und ihre Ver
wechselungen. – 146 S.; Heidelberg (Carl Winter).
K
lein
, L. (1921b): Über die Bedeutung der Pilze für die
Volksernährung und die restlose Erfassung der Pilz
schätze unserer Heimat. – Deutsche Revue,
46
: 45.
K
ühlwein
, H. (1957): P
aul
S
tricker
zum Gedächtnis
22.9.1878 – 24.12.1956. – Beiträge zur naturkund
lichen Forschung in Südwestdeutschland,
16
: 3-4.
O
berdorfer
, E. (1957): P
aul
S
tricker
zum Gedächtnis
22.9.1878 – 24.12.1956. – Beiträge zur naturkund
lichen Forschung in Südwestdeutschland,
16
: 4.
P
ringle
, A. & V
ellinga
, E. C. (2006). Last chance to
know. Using literature to explore the biogeography
and invasion biology of death cap mushroom Amani-
ta phalloides (Vaill. ex Fr.: Fr.) Link. – Biological inva
sions,
8
: 1131-1144.
R
ubner
, M. (1915): Die Zusammensetzung der Stein
pilze und ihre Verdaulichkeit. – Archiv für Anatomie
und Physiologie/Physiologische Abteilung,
4
/
5
, 286-
294.
S
altet
, R. H. (1885): Bedeutung der eßbaren Schwäm
me als Nahrungsmittel für den Menschen. – Archiv
für Hygiene,
3
: 43.
S
choller
, M. (2008): Die Arbeitsgruppe Pilze im Na
turwissenschaftlichen Verein Karlsruhe e. V. (PiNK)
– ein Rückblick auf die Aktivitäten der ersten Jahre.
– Carolinea,
66
: 163-170.
S
choller
, M. & M
üller
, G. (2008): Projekt „Pilzflora von
Karlsruhe“ – erste Ergebnisse. – Carolinea,
66
: 87-
93.
S
chwöbel
, H. (1957): Rektor i. R. P
aul
S
tricker
†. –
Zeitschrift für Pilzkunde,
23
: 24-25.
S
tricker
, P. (1927-1956): Pilztagebücher. – 6 Bände,
unveröffentlicht (Privatarchiv M. S
choller
).