Andrias 19 - page 301

M
etzler
: Forstpathologische Beiträge zur Erhaltung der Holzqualität
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im Experiment nicht leicht herzustellen sind (z.B.
Vorschädigung durch klimatische Ereignisse oder
vorausgehende Infektionen durch andere Orga-
nismen). Nicht selten sind einzelne Krankheits-
erreger Teil von Komplexkrankheiten, die durch
disponierende, auslösende und verstärkende
Faktoren begleitet sein können (M
anion
1991).
Diesen Synergismen bei der Entstehung von
Baumkrankheiten stehen hemmende Aktivitäten
von Antagonisten gegenüber. Beispielsweise sind
unter den hunderten Arten von Bodenmikroor-
ganismen viele, die als Nahrungskonkurrenten,
Bildner von antibiotisch wirksamen Verbindungen
oder als direkte Hyperparasiten auf Baumpara-
siten spezifisch hemmende Einflüsse haben.
Die vom Forstpathologen zu stellende Prognose
sollte erklären, wie sich die Krankheit ohne wei-
teres Zutun entwickeln wird. Daraus wiederum ist
zu schließen, ob und welche Gegenmaßnahmen
zur Problemlösung nötig und wirtschaftlich ver-
tretbar sind. In der Regel handelt es sich um prä-
ventive Maßnahmen. Nicht selten können auch
durch genauere Kenntnisse der Vorgänge teure
und nicht zielführende Maßnahmen vermieden
werden.
Eine besondere Herausforderung stellen inva-
sive Arten von Schaderregern dar, die entweder
insgesamt oder mindestens hinsichtlich ihres Po-
tentials als Schaderreger unter hiesigen Verhält-
nissen nicht bekannt sind (H
einiger
2003, K
ehr
et
al. 2005, W
ulf
1993). So würde auch die Einwan-
derung des Tannenwurzelschwamms (Heteroba-
sidion abietinum) aus Südosteuropa ein bisher
unbekanntes Risikopotential für unsere Tannen-
wälder darstellen (H
oldenrieder
1994).
Nicht selten setzen die Vielfalt der beteiligten
Organismen, die Komplexität ihrer Interaktionen
und Standort und Witterung Grenzen bei der
Erfassung und der Vorhersehbarkeit von Vor-
gängen. Es ist die Herausforderung der Wissen-
schaft, solche Grenzen beharrlich zu weiten.
1.4 Die ausgewählten Themen
Die vorliegende Schrift konzentriert sich auf eini-
ge wichtige mykologische Themen, die der Autor
im Rahmen seiner Tätigkeit an der FVA bearbei-
tet hat. Sie sind geordnet nach ihrer zeitlichen
Reihenfolge in der Waldentwicklung bzw. -nut-
zung zwischen der Verjüngung und Rundholz­
lagerung.
Holzqualität wird in dieser Arbeit in erster Linie
als Handelskriterium verstanden, das monetär
bewertet werden kann. Maßnahmen zum Errei-
chen und zum Erhalt der von den Nachfragern
verlangten Holzqualität müssen also auch als
Investition verstanden werden, die sich am Ende
auszahlen soll. So sollen Kenntnisse und Infor-
mationen bereitgestellt werden, um beispielswei-
se folgende forstbetriebliche Fragen beantwor-
ten zu können: a) Soll ein Buchenaltholzschirm
entfernt werden, um die Befallswahrscheinlich-
keit durch Buchenkrebs zu senken? b) Ist das
Risiko der Grünästung zu bestimmten Jahres-
zeiten tragbar? c) Ist bei Durchforstungen in
Fichtenbeständen eine Stubbenbehandlung zur
Minimierung der Rotfäule sinnvoll? d) Soll Nass-
lagerholz vor der Einlagerung entrindet werden?
e) Kann die Investition der Folienverpackung bei
der Holzlagerung lohnend sein?
Die Methoden und Ergebnisse geben Informa­
tionen und wesentliche Entscheidungskriterien
zu waldbaulichen und ökonomischen Fragestel-
lungen. Letztere müssen jeweils aktuell beant-
wortet werden, da sich das Preisgefüge (Wert
bestimmter Holzqualitäten, Arbeitskosten) und
die technischen Möglichkeiten der Bearbeitung
und der Verwendung ständig ändern.
Zur Bearbeitung der Themen waren unterschied-
liche methodische Ansätze erforderlich. Allen
gemeinsam ist die systematische Stichproben-
auswahl, sowie der Nachweis der jeweiligen
Erreger. Die anatomischen Untersuchungen bei
der Überwallung der Schnittwunden nach Grün­
ästung waren erforderlich, um den zeitlichen Ver-
lauf und die Lokalisation der wundbesiedelnden
Pilze zu erfassen. Besonderes Augenmerk ver-
langte die bisher unbekannte Art der Komparti-
mentierung des Holzes durch Hallimasch-Arten
(Armillaria ostoyae, A. cepistipes und A. borealis)
im Nasslager, was für die Sauerstoffversorgung
der Fäuleerreger von erheblicher Bedeutung ist.
Sowohl bei der Grünästung als auch bei der Holz-
lagerung unter Schutzgas ging es unter anderem
darum, die ggf. infolge forstlicher Maßnahmen in
das Holz eindringenden Pilzarten zu bestimmen
und deren Bedeutung für den Gesundheitszu-
stand des lebenden Baumes bzw. für potentielle
Qualitätsminderungen im lagernden Holz abzu-
schätzen.
Potentiell hunderte weitere Erkrankungen (B
utin
2011, F
ink
1999, S
inclair
& L
yon
2005) beeinflus-
sen oder gefährden das Holz. Allein die vom Autor
geleistete forstpathologische Beratung von Forst-
dienststellen erstreckt sich auf fast 2.000 Einzel-
untersuchungen an 40 Baumarten und auf einige
hundert verschiedene Erkrankungen. Darunter
sind auch Erkrankungen der Nadeln bzw. Blätter
oder der Feinwurzeln, die sich als temporäre und
1...,291,292,293,294,295,296,297,298,299,300 302,303,304,305,306,307,308,309,310,311,...376
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