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andrias, 19
(2012)
viporum (H. annosum s.l.) verursacht, in gerin-
gerem Maß durch Hallimasch-Arten (Armillaria
spp.), selten durch andere Pilzarten (G
raber
1994, S
chönhar
1994, 1996).
Durch N
iemelä
& K
orhonen
(1998) wurde die bis-
herige Sammelart H. annosum s.l. in drei Arten
aufgetrennt: H. annosum s.str., die hauptsächlich
Kiefern und Douglasien befällt, H. abietinum die
bevorzugt auf Tannen Südeuropas vorkommt so-
wie H. parviporum, die die Fichte bevorzugt. Eine
aktuelle Darstellung zu Verbreitung und Ökologie
dieser Arten geben K
orhonen
& H
oldenrieder
(2005). In Baden-Württemberg herrscht H. par-
viporum vor, während H. annosum s.str. und
H. abietinum nur selten isoliert werden (M
etzler
et al. 2011). Da in den älteren Untersuchungen
die Arten dieses Komplexes nicht explizit unter-
schieden wurden, wird im Folgenden der Sam-
melartname H. annosum s.l. verwendet.
Durch die Fäule werden in erster Linie Stark-
wurzeln und das Reifholz im Stammfuß (Tafel 1,
Abb. 11) zerstört, im fortgeschrittenen Stadium
wird von innen her auch der Splint angegriffen.
Heterobasidion annosum s.l. führt zu einer stark
verminderten Standfestigkeit der Bäume. Be-
fallene Einzelbäume erleiden Stockbrüche und
destabilisieren das Bestandesgefüge durch er-
höhte Sturmanfälligkeit. Wesentlich stärker als
durch andere Erreger werden die Stämme bis zu
einer Höhe von mehreren Metern, teilweise bis
zur gesamten Stammlänge entwertet.
H. annosum s.l. gilt in Deutschland als der forst
ökonomisch bedeutendste Krankheitserreger der
Fichte. Die jährlichen finanziellen Verluste durch
diesen Pilz werden auf rund 56 Mio. Euro ge-
schätzt (D
imitri
& T
omiczek
1998). G
raber
(1994)
beziffert den Schaden durch Stockfäule in der
Schweiz auf bis zu 25.000 SFr /ha während einer
Umtriebszeit.
Der Befall der Bäume durch H. annosum s.l.
kann in geringem Maß durch Stammwunden
wie Schäl- oder Rückeschäden erfolgen, weitaus
bedeutender ist jedoch der Infektionsweg über
Wurzelkontakte (R
ishbeth
1950, S
chönhar
1976).
Bei zunächst unbefallenen Fichtenbeständen
(z.B. Erstaufforstungen) werden nach den ersten
forstlichen Eingriffen frische Stubben durch Ba-
sidiosporen von Fruchtkörpern (Tafel 2, Abb. 12)
infiziert. Nach der Keimung der Sporen durch-
dringt das Myzel das Stockholz und erreicht so
Kontakt zu Wurzeln von Nachbarbäumen. Die
Verbindung der Infektionen mit Durchforstungen
beschreiben K
orhonen
et al. (1998) sehr an-
schaulich: „Der Wurzelschwamm folgt den Fuß-
stapfen des Menschen in den Wald“. Stubben
aus Durchforstungen während des Frühherbstes
sind dabei am meisten gefährdet, da hier das
Maximum der Sporendeposition festzustellen ist
(S
ylvestre
-G
uinot
& D
elatour
1978).
Aus der Schlüsselstellung der Baumstümpfe
und der Wurzelkontakte für die Übertragung
des Schadpilzes ergeben integrierte Bekämp-
fungsansätze: a) Ein weiter Pflanzverband und/
oder Beimischung von anderen Baumarten soll
den Wurzelkontakt zwischen den anfälligen
Fichten verringern. b) Durchforstungen sollten
im Winter bei Frost durchgeführt werden, wenn
keine Sporen des Schadpilzes verbreitet wer-
den. – Die frischen Stubben sind nur innerhalb
von etwa vier Wochen nach Fällung der Bäume
für H. annosum-Sporen infizierbar (S
chönhar
1979).
Wenn H. annosum sich bereits im Wurzelsystem
eines Bestandes etabliert hat, ist die Ausbrei-
tung mit ökonomisch vertretbaren Maßnahmen
nicht mehr zu beeinflussen. Als sinnvoll hat sich
deshalb die Prävention in noch nicht oder nur
wenig befallenen Erstaufforstungen erwiesen.
In mehreren europäischen Ländern, besonders
in Skandinavien und Großbritannien, werden
Koniferenstubben nach Eingriffen in Erstauffor-
stungen routinemäßig chemisch oder biologisch
behandelt (P
ratt
& J
ohansson
1998), um die Eta-
blierung des Erregers auf der frischen Schnitt
fläche zu erschweren.
Wirkungsuntersuchungen an den behandelten
Stubben werden meist innerhalb von 6-12 Mona-
ten durchgeführt. Entscheidendes Erfolgskriteri-
um ist jedoch der Befallsgrad im verbleibenden
Bestand (S
chönhar
1988, V
ollbrecht
& J
oergen
-
sen
1995). Um entsprechende Erfahrungen zu er-
weitern, wurden für die hier vorgestellte Untersu-
chung Fichtenbestände mit Stockbehandlungen
etwa 12 Jahre nach der Erstdurchforstung unter-
sucht (M
etzler
& K
ublin
2003).
4.1 Behandelte Bestände
Die Probeflächen für diese Studie liegen auf
flachgründigem Kalkverwitterungslehm oder auf
Hang-Terra fusca in einer Höhenlage von ca.
700 m N.N. im ehemaligen Forstbezirk Gam-
mertingen/Schwäbische Alb. Die Vornutzung war
landwirtschaftlich als Schafweide, Wiese oder
Acker. In den 1980er Jahren waren hier zahl-
reiche, damals ca. 8-15-jährige Fichten-Erstauf-
forstungsflächen im Kommunal- und Kleinprivat-
wald erstmalig durchforstet worden. Auf einem
Teil der Flächen waren die Stubben unmittelbar