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S
pring
: Biotrophe Oomyceten
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spezifischer Infektionstechniken ist also nicht nur
Selbstzweck zur Erhaltung der Kultur, sondern
gibt Einblicke in die Infektionsbiologie der Pa-
thogene, die sich im Pflanzenschutz als nützlich
erweisen können.
3 Pathogenmonitoring
Dies gilt auch für die Erarbeitung vereinfachter
Infektionstechniken, mit deren Hilfe zuverlässige
und schnelle Aussagen über die Pathogenität und
Aggressivität von selektionierten Pathogenstäm-
men gemacht werden können. Da vielfach noch
keine funktionsfähigen molekulargenetischen
Typisierungssysteme für Pathogenrassen bei
Oomyceten existieren, sind Biotest-abhängige
Differenzierungen sogenannter Pathotypen die
einzige Möglichkeit, die Verbreitung von resi-
stenzbrechenden Genotypen zu erfassen. Über
solche Infektionsstudien an Sonnenblumenlinien
mit definierter Resistenz wurde in Hohenheim
die Populationszusammensetzung von Plasmo-
para halstedii in Deutschland erfasst.
Einfache Infektionsverfahren waren auch Aus-
gangspunkt für Studien zur Fungizidresistenz bei
biotrophen Oomyceten. So wurde mit Blattschei-
bentests ein seit 2003 erstmals in Deutschland
auftretender Genotyp des Tabakblauschimmels
Peronospora tabacina identifiziert, der sich mit
Metalaxyl, dem bisher einzigen vollsystemischen
Fungizid für Oomyceten, nicht mehr kontrollie-
ren ließ. Molekulargenetische Untersuchungen
zeigten, dass in Europa bislang wohl nur zwei
deutlich unterscheidbare Populationen dieses
Erregers existieren und auf Grund fehlender se-
xueller Fortpflanzung wohl auch genetisch iso-
liert bleiben, obwohl sie gleichzeitig an derselben
Wirtspflanze auftreten können.
4 Genotypisierung für diagnostische und
taxonomische Zwecke
Die vorgestellten Beispiele zeigen, wie eng ver-
zahnt die grundlagen- und die anwendungsori-
entierte Forschung auf dem Gebiet der biotro-
phen Oomyceten sind. Erst die scheinbar banale
Etablierung von geeigneten Kultivierungstech-
niken erlaubte die Infektion mit Einzelsporangien
und Einzelzoosporen, über die aus gemischten
Feldisolaten erstmals genotypisch homogene
Stammkulturen der Pathogene selektioniert wer-
den konnten. Dies war die Grundlage für gene-
tische Vergleiche, die eine Differenzierung auf
der Basis von PCR-Nachweisen erlaubte. Dies
ermöglichte nicht nur das schon erwähnte Mo-
nitoring von Populationen im Feld, sondern auch
den Nachweis überdauernder Pathogenstruk-
turen in Saatgut oder Böden und lieferte damit
wichtige Erkenntnisse zur Ausbreitungsbiologie
der Erreger.
Die genetischen Vergleiche dienen darüber hin­
aus natürlich auch der taxonomischen Differen-
zierung biotropher Oomyceten, die von Hause
aus eher arm an verlässlichen phänotypischen
Artmerkmalen sind. Zahlreiche Neubeschrei-
bungen von Arten und systematische Umgrup-
pierungen im Sinne monophyletischer Einheiten
wurden auf Grund der Forschungsergebnisse
aus unserer Arbeitsgruppe vorgenommen.
5 Physiologische Aspekte der Wirt-
Pathogen-Interaktion
Die zunehmende Erfassung genetischer Se-
quenzen aus Oomyceten bis hin zur vollstän-
digen Genomsequenzierung wie im Falle von
Phytophthora infestans oder Hyaloperonospora
arabidopsidis eröffnet inzwischen ein riesiges
Potential zur Klärung bisher kaum zugänglicher
biologischer Fragestellungen im Hinblick auf die
physiologischen Grundlagen der Infektion durch
biotrophe Oomyceten und der Reaktion ihrer
Wirte. Hier beschäftigt sich die Arbeitsgruppe
Biodiversität und pflanzliche Interaktion in Hohen-
heim besonders mit Fragen der Induktion pflanz-
licher Abwehr durch Elicitoren und Effektoren.
Aber auch die Signale, die zur Induktion des
Infektionsvorganges beitragen, sind Ziel unserer
Untersuchungen. Dabei stehen die Oosporen als
Überdauerungsform der biotrophen Oomyceten
besonders im Mittelpunkt. Ihre Entstehung, Frei-
setzung und Keimung ist bei den meisten Arten
aus dieser Gruppe bisher unerforscht, obwohl
die Kenntnis darüber die Grundlage für das Ver-
ständnis des gesamten Lebenszyklus dieser Or-
ganismen darstellt. Hier zeigt sich erneut, dass
vor dem Einsatz hoch technisierter Analysever-
fahren zunächst ganz einfache Grundlagen erar-
beitet werden müssen. Scheinbar triviale Fragen
sind bei vielen Pathogenen offen. So etwa der
Ort und Zeitpunkt der Oogamie im Wirtsgewebe.
Sind Paarungspartner für die sexuelle Fortpflan-
zung erforderlich oder erfolgt sie homothallisch?
Unter welchen Bedingungen keimen die Oospo-
ren und wie lässt sich dieser Vorgang so be
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