S
tedtler
& H
ermanns
-C
lausen
: Pilzvergiftungen
169
nahm und am nächsten Morgen neurologische
Symptome entwickelte: Zittern, Gangunsicherheit
(zeitweise konnte er nicht mehr alleine laufen),
bei geschlossenen Augen auch Halluzinationen
und Übelkeit. Die Symptome besserten sich be-
reits nach einigen Stunden ohne besondere The-
rapie und waren am Folgetag fast verschwunden.
Dieses Krankheitsbild nach Morchelgenuss tritt
in Einzelfällen auf, wurde aber bislang nur gele-
gentlich in der Literatur beschrieben. Es wurden
viele Hypothesen zur Ursache entwickelt. Bisher
kann aber keine von ihnen alle bekannten Fälle
erklären.
Verhalten bei Verdacht auf Pilzvergiftung
Wegen der möglicherweise schwerwiegenden
Folgen einer Pilzvergiftung – sei es durch Gift-
pilze oder durch verdorbene Pilze – sollte man
nur frische Pilze und ausschließlich solche ver-
werten, die man sicher identifiziert hat (oder
die von vertrauenswürdigen Personen bestimmt
wurden).
Sollte dennoch der Verdacht auf eine Pilzver-
giftung aufkommen, muss Folgendes beachtet
werden:
– Nicht (!) auf Symptome warten. Gerade die
Pilzarten, die erst spät Vergiftungssymptome
auslösen, sind besonders gefährlich.
– Übrig gebliebene Pilze, Putzreste oder Es-
sensreste sollten aufgehoben werden.
– Eine Giftinformationszentrale muss kontaktiert
und das weitere Vorgehen besprochen werden.
Ausgewählte Publikationen
S
tedtler
, U. (2009): Jahresbericht Pilze 2007 der VIZ
Freiburg. – Südwestdeutsche Pilzrundschau,
45
(1):
18-20.
S
tedtler
, U. (2011): Jahresbericht Pilze 2009 der VIZ
Freiburg. – Südwestdeutsche Pilzrundschau,
47
(1):
25-27.
S
tedtler
, U., S
chuster
, K., H
ermanns
-C
lausen
, M.
(2010): Neurologische Symptome nach dem Genuss
von Speisemorcheln. Fallbericht eines Morchella-
Syndroms. – 10. Kongress der Deutschen Interdiszi-
plinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin:
107.
Tabelle 1. Anzahl der Fälle mit vermuteter Pilzvergiftung, bei denen Symptome aufgetreten sind. Nicht in jedem
Fall sind die geschilderten Symptome durch die Wirkung der Pilze zu erklären (in der rechten Spalte sind nur die
symptomatischen Fälle aufgeführt, die durch die Aufnahme von Pilzen erklärt werden können; insgesamt 70 %
der symptomatischen Fälle). Mittelschwere Symptome erfordern eine ärztliche Behandlung (ggf. auch ambulant),
schwere Symptome bedingen die stationäre Behandlung im Krankenhaus.
Symptomatische Fälle
Fälle, wo Pilze zumindest
nach Kontakt mit Pilzen
möglicherweise die Ursache
der Beschwerden waren
Leichte Symptome
521
346
Mittelschwere Symptome
122
102
Schwere Symptome
11
8
Tödlich
1
1