Andrias 19 - page 214

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andrias, 19
(2012)
eigene Inhalte mittels Webseiten zu veröffent-
lichen, lernte ich umgehend Hypertext Markup
Language (HTML), um mein seit früher Kindheit
bestehendes Interesse an Pilzen in Form eines
Informationsangebotes im neuen „Netz“ zu mani-
festieren. Ich schrieb einige Artikel über Pilzver-
giftungen und die Bedeutung wissenschaftlicher
Namen und bastelte eine einfache HTML-Seite:
„Alles über Pilze“. Etwas hochtrabend gewiss,
war es dennoch die meines Wissens erste nen-
nenswerte mykologische deutschsprachigeWeb-
präsenz. Die Zugriffszahlen waren sehr mäßig,
da damals kaum jemand privaten Netzzugang
hatte und auch eine Verlinkung auf anderen
Seiten kaum stattfand. Suchmaschinen, wie sie
heute allgegenwärtig sind, gab es noch keine.
Ich veröffentlichte noch einige weitere Seiten
über andere meiner Interessen sowie eine recht
umfangreiche Wetterseite mit aktuellen Wetter-
daten und -karten. Die Pilzeseite wurde nur ab
und an angeklickt, fand aber vorerst keine große
Resonanz. Dies sollte sich erst einige Jahre spä-
ter ändern.
Im Herbst 1998 fand ich in Karlsruhe eine statt-
liche Kolonie des halluzinogenen Pilzes Psilocy-
be cyanescens (Blauender Kahlkopf). Ich nahm
sie mit und startete einige Tage später einen
Selbstversuch mit den getrockneten Pilzen. Mei-
ne Erlebnisse protokollierte ich und platzierte
den Text auf meiner Pilzeseite als Aufmacher der
neuen Rubrik „Pilzgeschichten“ (
.
de/pt1.html). Mittlerweile waren Suchmaschinen
verfügbar, die jeden Artikel auffindbar machten
und so auch bald meinen Selbstversuch. Binnen
weniger Wochen wurde er mehrere tausend Male
gelesen und auch verlinkt.
Pilzforum
Meine Pilzseite wurde recht schnell sehr bekannt,
und die Anfragen zu pilzbezogenen Themen per
E-Mail häuften sich zusehends. Diese alle zu be-
antworten, sah ich mich außerstande, sodass ich
auf die Idee kam, die Besucher direkt miteinander
in Kontakt zu bringen, um so den Wissensaus-
tausch effizienter zu gestalten. So entstand die
Idee eines „Forums“, das dann nach Installation
entsprechender Software startete (
-
pilze.de/forum) auf der mittlerweile in „PilzePilze-
Pilze“ umbenannten Seite. Überraschenderweise
war die Aktivität von Anfang an recht hoch, und
Anfragen wurden meist innerhalb weniger Tage
oder gar Stunden beantwortet. Eine „Community“
entwickelte sich und ich kam mit neuen interes-
santen Leuten in Kontakt. So rief mich z.B. eines
Tages der Pilzbuchautor G
erman
J
oseph
K
riegl
-
steiner
an und zeigte sich stark erregt ob eines
Beitrags im Forum, in dem ich die Sortierung
des Registers nach Gattungs- und nicht nach
Artnamen in seiner Veröffentlichung monierte. Er
verstehe nicht, warum ich nur öffentlich kritisiere
und mich nicht selbst an der Kartierung beteilige.
Nach einigem Hin und Her fand ein schönes und
ertragreiches Kartierwochenende statt, das ich
zusammen mit ihm und einigen Mitstreitern nahe
meiner Heimatstadt Oberkirch durchführte. Da-
mit war das Internet auch in den Köpfen der alt
gedienten Pilzherrschaften angekommen. Auch
verschiedene Ärzte und Psychologen befragten
mich zu meinen Psilocybin-Erfahrungen, und
schon fast regelmäßig kam – von einem anderen
Personenkreis – die Frage nach Standorten von
Pilzen, welche ich natürlich möglichst allgemein
beantwortete.
Es gab im Forum auch ab und an kleinere Kon-
flikte mit Personen, die mehr Redefreiheit bean-
spruchten oder meinten, Propaganda veröffent-
lichen zu müssen. Im Großen und Ganzen lief
aber alles (für ein Internetforum vergleichsweise)
zivilisiert ab. Auch finden regelmäßige Forums-
treffen statt, bei denen sich die Teilnehmer auch
direkt austauschen.
Pilzfoto-Galerie
Der Wunsch, die gefundenen Pilze auch in Form
von Fotos festzuhalten, erfüllte sich mit dem Auf-
kommen der Digitalfotografie für den Massen-
markt um das Jahr 2000. Rasch kamen mehrere
Tausend Fotos zusammen. Mittlerweile befinden
sich über 4.000 Fotos in der Galerie, die inzwi-
schen mit professionell entwickelter Software or-
ganisiert wird
). Viele
Verlage (z.B. Brockhaus, Pearson Studium) und
Medienanstalten (z.B. SWR) verwenden Pilz­
fotos von
“. Die dadurch ein-
genommenen Honorare erlauben zumindest die
Finanzierung des Servers, auf dem die Seiten
gehostet werden und ab und an die Modernisie-
rung der Kameraausrüstung.
Nutzerzahl
Heute werden pro Jahr ca. 20.000 Beiträge ver-
fasst, die jeweils wiederum von bis zu mehreren
hundert Nutzern gelesen werden. „
pilze.de“ hatte 2011 etwa 1.000 regelmäßige
Nutzer. Zur Pilzhauptsaison (Juli-Oktober) sind
es mehrere 1.000 Besucher pro Woche. Die Ge-
samtzahl der Bildabrufe aus der Foto-Galerie
liegt bisher bei über 10 Millionen (Stand: Ende
1...,204,205,206,207,208,209,210,211,212,213 215,216,217,218,219,220,221,222,223,224,...376
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