Carolinea 72
(2014): 97-108, 8 Abb.; Karlsruhe, 15.12.2014
97
Der Uhu (
Bubo bubo
) in der Badischen
Rheinaue zu Karlsruhe
1
P
eter
H
avelka
& F
riedemann
S
choller
Kurzfassung
Der Uhu
(Bubo bubo)
hat auf der Niederterrasse zu
Karlsruhe ein Brutrevier ausgewählt, welches von den
in Baden-Württemberg üblichen Brutplätzen deutlich
abweicht. Es liegt im Rheinhafen (Südbecken) und ist
ein typischer vegetationsarmer Industriestandort. Die
Besonderheit und die Attraktivität dieses für den Uhu
„neuen“ kolonisierten Lebensraumes liegen an dem
offensichtlich hohen Beutetierangebot, welches ganz-
jährig verfügbar ist. Die Parzellierung in Firmengelän-
de scheint für den Uhu tendenziell positiv zu sein, da
er sich zweifelsfrei gut an die alltäglichen periodisch
auftretenden Arbeitsabläufe, welche er nicht als Stö-
rung zu empfinden scheint, und den damit einherge-
henden Veränderungen und Lärm im Firmengelände
gewöhnen kann. Für die Jungen scheint diese alltäg-
liche Arbeitswelt noch weniger problematisch, da sie in
diesen Arbeitsrhythmus hinein geboren wurden und in
der „Ästlingsphase“ instinktiv die Bereiche aufsuchen,
welche sie bzw. die Alt-Vögel als beruhigte Räume er-
kennen.
Abstract
The Eagle Owl (
Bubo bubo
)
in the lower terrace at
the Rhine harbor to Karlsruhe
The Eagle Owl
(Bubo bubo)
has selected on the lower
terrace to Karlsruhe a breeding ground, which is signifi-
cantly different from the usual in Baden-Wuerttemberg
hatcheries. It is located in the Rhine harbor (southern
basin) and is a typical industrial site. The specificity and
the attractiveness of this for the Uhu “new” colonized
habitat located on the obvious high prey offer, which is
available year round. The parcelling in premises seems
to be quite positive for the owl, as he obviously can well
get used to the daily intermittent operations, which he
probably does not feel as disorder and the associated
noise in the premises entirely. For the youngsters, this
everyday world of work seems even less problematic,
since they were born into this rhythm of work into it
and instinctively seek in the “Ästlingsphase” the areas
which they recognize or adult birds as calm rooms.
Autoren
Dr. P
eter
H
avelka
, Staatliches Museum für Naturkunde
Karlsruhe, Erbprinzenstraße 13, D-76133 Karlsruhe;
E-Mail:
peter.havelka@smnk.deF
riedemann
S
choller
, Arbeitsgemeinschaft Wander-
falkenschutz Im Naturschutzbund Deutschland, Wein-
brennerstraße 39, 76185 Karlsruhe;
E-Mail:
Friedemann.Scholler@t-online.deEinleitung
Der Uhu, unsere größte heimische Eule, ist über
ganz Eurasien verbreitet (
M
ebs
1980
) und gilt
üblicherweise als Bewohner von Lebensräumen
mit einer ausreichenden Ausstattung an Re-
quisiten wie Felsen, Wäldern, Freiflächen und
Gewässern (
M
ebs
1980, D
el
H
oyo
et al.
1999,
W
üst
1970, S
üdbeck
et al.
2005:
S. 416 in
M
an
-
gold
2013). Daher sind bevorzugte Brutplätze
z.B. Felsen, Steinbrüche, Steilwände, Kies und
Sandgruben mit Nischen und Höhlen sowie alte
Baumnester von Großvögeln (
B
ezzel
1985, D
el
H
oyo
et al.
1999, H
ölzinger
& M
ahler
2001, H
a
-
velka
& B
ücher
2010
).
Das Männchen ist kleiner als das Weibchen und
ruft bald nach dem Einsetzen der Abenddämme-
rung bis Mitternacht, vereinzelt über das ganze
Jahr. Die Paare dieser Standvögel bleiben meist
lebenslang zusammen im Revier. Als Standvögel
verändern sie lediglich in harten Wintern gering-
fügig ihre Aktionsradien. Sobald die Jung-Uhus
selbständig sind, beginnen sie abzuwandern
(
D
el
H
oyo
et al. 1
999, K
önig
, W
eick
& B
ecking
1999, H
ölzinger
& M
ahler
2001
).
Bereits während der Herbstbalz im Oktober steigt
die Rufaktivität deutlich an. Zur Hoch-Balz im
Januar/Februar bis in den März sind beide Ge-
schlechter ruffreudig. Die tiefen, aber nicht sehr
lauten buu / bu-hoo-Rufe sind kilometerweit zu
hören (
W
üst
1970, M
ebs
1980, 1991
).
Obwohl sehr anpassungsfähig in Habitat und
Brutplatzwahl war die Art bis in die 1960er Jahre
aus vielen Ländern Deutschlands verschwun-
den, so auch in Baden-Württemberg (
G
lutz
von
B
lotzheim
& B
auer
1980, H
ölzinger
& M
ahler
2001, R
ocken
bauch
2005)
. Neben der Nutzung
bei der Jagd und der Konkurrenz bei der Nieder-
wildjagd waren, wie bei vielen anderen beute-
greifenden Vogelarten auch, der allzu freigiebige
Einsatz von Insektiziden und Pestiziden nach
1
aus der Ornithologischen Arbeitsgemeinschaft im Naturwis-
senschaftlichen Verein Karlsruhe e.V. (OAG)