98
Carolinea 72
(2014)
dem Zweiten Weltkrieg die entscheidenden Pa-
rameter für den Niedergang (
H
avelka
et al.
1999,
H
ölzinger
& M
ahler
2001
).
Nachdem die Eulen in der Antike als Symbol der
Weisheit in die Nähe der Götter und deren Be-
gleiter gerückt waren, galten sie in der nachfol-
genden christlichen Epoche als Symbol des Un-
heils. Man betrachtete sie daher im Mittelalter als
Kreaturen, welche mit den Mächten des Bösen
wie Hexen und Geistern im Bunde sind, da sie
vor allem zur Nachtzeit aktiv waren.
Die systematische Verfolgung und der Nieder-
gang der Uhu-Population in Baden-Württemberg
erfolgte allerdings zwischen 1800 und 1930,
vorbereitet durch die Zeit der Aufklärung und
der Französischen Revolution sowie der nachfol-
genden Industrialisierung Westeuropas, als man
den Nützlichkeitsgedanken der Tiere über alles
stellte.
War die Art selbst erst einmal als Konkurrent bei
der Jagd auf das Niederwild ausgemacht, so re-
duzierte sich ihre Nützlichkeit überwiegend bis
ausschließlich auf ihre Eignung und Verwendung
bei der Hüttenjagd zur Bekämpfung von Kleinvö-
geln, Raben und Greifvögeln. Diese offensicht-
lich weit verbreitete Auffassung findet sich auch
noch bei
F
ehringer
(1951), dort ist zu lesen: „Bei
der Krähenhütte leistet ein angefesselter zahmer
Uhu wertvolle Dienste, weil er das sonst so vor-
sichtige schwarze Gelichter anlockt.“ Dies ist be-
sonders interessant, da
O
tto
F
ehringer
als Lei-
ter der städtischen Vogelwarte Rappenwört zu
Karlsruhe (1930-1934) und erster Direktor des
Heidelberger Tiergartens (1934) sowie späterer
Lehrer sich der Allgemeinbildung besonders
verpflichtet fühlte und eine seiner wesentlichen
Aufgaben darin sah: „ . . . junge Menschen, mit
Vögeln und deren Lebensweise vertraut zu ma-
chen“ (
R
uge
et al. 1989;
http://www.zoo-heidel-
berg.de/geschichte-des-zoos).
D
ieter
R
ockenbauch
(2005) formulierte das Ge-
schehen in Baden-Württemberg recht drastisch:
„Allgemeiner Zeitgeist, egoistisches Konkurrenz-
denken der Jägerschaft und Gründlichkeit der
Bevölkerung wirkten sich gerade hier auf den
Uhu verheerend aus. Bis zum Greifen endlich
besserer Naturschutzgesetze (1925, vor allem
1934) und Einstellungswandel, hatte man das
Land längst vom Schädling befreit.“ Nicht verges-
sen sollte man den kommerziellen Hintergrund
des Geschehens durch den rücksichtslosen Ab-
schuss, den Fang in Fallen und den schwung-
haften Handel mit Jung-Uhus. Das Wirken des
Uhus im Ökogefüge wurde lange Zeit verkannt
und ist den weniger gebildeten Bevölkerungs-
schichten bis heute fremd geblieben. Erst die
Einbindung des Naturschutzgedankens an den
allgemeinbildenden Schulen führte in den 50er
und 60er Jahren zu einem allmählichen Um-
denken, was allerdings ab den 70er Jahren mit
der Ausgliederung des Naturschutzes aus dem
Bildungsressort (Ministerium) einen deutlichen
Rückschlag erhielt. Ökologische Bildung und Na-
turschutz waren von da an nur noch für einschlä-
gige Naturfreunde oder bereits Vorgebildete in-
teressant, wurden aus den allgemeinbildenden
Schulen weitgehend verbannt und der Interpre-
tation von interessierten Gruppierungen (Ver-
einen) überlassen. Formen- und Artenkenntnis
spielen bis heute selbst bei der Ausbildung der
Biologen meist nur noch eine marginale Rolle.
Europäische Abkommen, wie die EG-Vogel-
schutz-Richtlinie von 1979, und Internationale
Abkommen, wie das Washingtoner Artenschutz-
übereinkommen von 1973, wurden lange nicht
umgesetzt, da gegenläufige Interessengruppen
erheblichen Widerstand leisteten und die Anpas-
sung des nationalen Rechtes erschwerten. Erst
mit dem Wirksamwerden der europäischen und
internationalen Mindeststandards im Artenschutz
konnte auch der Greifvogel- und Eulenschutz –
eingebunden in die Daseinsvorsorge – deutliche
Erfolge verbuchen. In letzter Konsequenz gelang
es jetzt auch dem Uhu, Kolkrabe und Wander-
falke in Baden-Württemberg wieder fest Fuß zu
fassen.
Meilensteine
Wichtige Meilensteine für den Uhu nach der letz-
ten Uhu-Brut 1937 (
R
ockenbauch
2005: 117
) aus
der Zeit der Wiederbesiedlung Baden-Württem-
bergs waren:
– 1963 erste Uhu-Brut bei Sigmaringen am
Schaufelsen
– 1970-1975 verbesserter Greifvogelschutz be-
günstigt auch Eulen wie den Uhu
– 1975 während der Nachkriegszeit entstan-
dene Steinbrüche werden bei der Wiederbe-
siedelung Baden-Württembergs vom Uhu als
Nahrungsbiotop und Ruheplätze erkannt und
trotz des Lärms bei der Stein- und Schotter-
Gewinnung zunehmend genutzt.
– Die Uhu-Bruten des Landes werden von der
AGW bei der systematischen Erhebung der
Wanderfalkenbrutplätze und Populationserhe-
bung mitbetreut.
– 2012 werden von der AGW Baden-Württem-
berg 153 Brutpaare verifiziert.