Nachruf
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hörigen entsprechendes Verständnis aufbringen
mussten. „Mein Beruf ist auch meine Berufung!“
hörte man ihn dann sagen.
Nach seiner Pensionierung 2004 wandte sich
H
elmut
H
erwanger
intensiv der Kartierung der
Pflanzen zu. Während er sich in seiner Berufs-
zeit mehr auf die Kartenblätter Bad Waldsee und
Umgebung konzentrierte, dehnte er jetzt sein
Untersuchungsgebiet weit aus. „Mein Garten
geht vom Bodensee bis zur Donau, von der Il-
ler bis zum Hegau!“ pflegte er zu scherzen. Ob
es die Moore und Wiesen in Oberschwaben und
des Allgäus, die Alpenflora bis zur Adelegg, die
Trockenhänge und Wacholderheiden der Schwä-
bischen Alb, die Steppenrasen-Gesellschaften
im Felsbereich der Oberen Donau, die verschie-
denartigen Waldbiotope und Flusslandschaften
waren: überall konnte
H
elmut
H
erwanger
die
Quadranten der Kartenblätter mit einer Fülle von
Daten über Pflanzenvorkommen, die er dort je-
weils registrierte, bereichern. Seinem fundierten
Wissen ist es zu verdanken, dass er auch als
verschollen angesehene Arten wiederentdecken
konnte.
Sollte er sich einmal in der Bestimmung einer
Pflanze nicht ganz sicher gewesen sein, dann
schwieg er lieber oder erwiderte in breitem
Schwäbisch mit einem lachenden Zwinkern: „I
verroot dr au it älls!“ (Ich verrate Dir auch nicht
alles!). Solcher Humor gehörte zu seiner Stärke
und tat gut. In Kollegenkreisen war seine Gründ-
lichkeit und Zuverlässigkeit stets sehr geschätzt.
In persönlichen Kontakten und auch Freund-
schaften leistete er seinen Beitrag zur Erfassung
der Pflanzenarten zum Schutz und zur Verbrei-
tung der Erkenntnisse über deren Lebensräume.
Oft war ich mit
H
elmut
H
erwanger
unterwegs und
ließ mich von seiner Begeisterung anstecken.
Seine gewonnenen Daten flossen ein in die Da-
tenerfassung des Grundlagenwerkes der Farn-
und Blütenpflanzen Baden-Württembergs von
S
ebald
, S
eybold
, P
hilippi
, W
örz
(1990-1998)
sowie in die Flora des Allgäus von
D
örr
& L
ip
-
pert
(2001-2004). Alle weitere Daten und seine
Herbarbelege übergab er dem Staatlichen Mu-
seum für Naturkunde in Stuttgart, mit dessen
Mitarbeitern er einen regen wissenschaftlichen
und freundschaftlichen Austausch pflegte. Den
Bemühungen und Recherchen von
H
elmut
H
er
-
wanger
ist es zu verdanken, dass das seit über
100 Jahren verschollen geglaubte, überregional
bedeutende Herbar des Hofgärtners
F
riedrich
S
chupp
(1827-1911) im März 2010 im Museum
am Schölerberg in Osnabrück wiederentdeckt
wurde und künftig durch eine Regelung mit dem
Staatlichen Museum für Naturkunde in Stuttgart
genutzt werden kann.
Durch seine unbekümmerte Art und seinen
offenen und klaren Umgang mit seinen Mit-
menschen wurde
H
elmut
H
erwanger
sowohl
von privater Seite als auch von amtlichen Stel-
len gerne um Rat und Mitarbeit gebeten. So
Abbildung 3. Das „Nagolder-Dreiergespann“:
P
eter
B
erthold
,
H
elmut
H
erwanger
und
W
ilfried
-H
aas
. – Foto: pri-
vat.