
S
chütz
et al.
:
Wasserpflanzen des (Kinzig)-Schutter-Unditz-Fließgewässer-Systems 59
beschränkender Faktor für die Entwicklung und
Ausbreitung von Makrophyten, könnten aller-
dings in Form periodisch hoher Abflüsse in der
Kinzig eine solche Wirkung ausüben.
Unter diesen Umständen und entscheidend für
die beobachteten Massenentwicklungen von
Wasserpflanzen ist daher das Lichtangebot, zu-
mal die gegenwärtige trophische und saprobielle
Belastung der untersuchten Fließgewässer weit
unter derjenigen liegt, bei der eine Makrophyten-
Verödung beobachtet werden kann (K
ohler
1975, S
chütz
1992, 1995). Das Lichtangebot in
einem Fließgewässer hängt ab von der Beschat-
tung durch Ufergehölze, der Wassertiefe und
Trübung. Die Beschattung der Schutter und des
Unditz-Unterlaufes ist nur auf kürzeren Strecken
so stark, dass sie einen gravierenden Rückgang
der Makrophyten verursacht. Prägend ist dieser
Umweltfaktor allerdings im schmalen Oberlauf
der Unditz und in den gering dimensionierten
Zuflüssen von Schutter und Unditz.
Der Oberlauf der Unditz und Teile des Wald-
baches sind auch deswegen fast makrophyten-
frei, weil sie über weite Strecken ein anthropogen
übertieftes Bett aufweisen, was zu einer starken
Beschattung der submersen Vegetation führt.
Diese Erscheinung ist auch in einigen Abschnit-
ten der Schutter zu beobachten, hat aber we-
gen deren größerer Gewässerbreite nur geringe
Auswirkungen auf die Makrophyten. Keinen oder
einen nur lokal begrenzten Einfluss hat die Was-
sertiefe, die in allen untersuchten Gewässern zu
gering ist, um das Vorkommen von Makrophyten
auf die flachen Uferzonen zu beschränken. Eine
überwiegend geringe Wassertiefe scheint in der
Schutter bis auf wenige Abschnitte, in denen
Wassertiefen über einem Meter auftreten, die
nachteiligen Wirkungen der hohen Schwebstoff-
frachten zu kompensieren.
Da aber der Lichtkompensationspunkt für die
Photosynthese bei fast allen Höheren Wasser-
pflanzen in Fließgewässern mit anhaltenden
anthropogenen Trübungen bereits wenige Dezi-
meter unterhalb der Wasseroberfläche erreicht
wird (R
emy
1993), führt dies zu einer positiven
Auslese von Taxa, deren physiologische und
morphologische Eigenschaften an diese Bedin-
gungen am besten angepasst sind (R
iis
2006).
Der durch die Schwebstoffe bereits in geringen
Tiefen verursachte Lichtmangel kann ausgegli-
chen werden durch schnellen Wuchs und eine
Konzentration der photosynthetisch aktiven Bio-
masse auf die oder nahe der Wasseroberfläche.
Arten mit Schwimmblättern haben einen Konkur-
renzvorteil, ebenso großwüchsige mehrjährige
Arten, die ihre Reserven in Rhizomen speichern.
Im Gegensatz zu einjährigen Arten, die sich
durch Samen oder Turionen fortpflanzen, können
sie aufgrund ihrer größeren Reserven auch bei
schlechten Lichtbedingungen aus größeren Tie-
fen an die Wasseroberfläche wachsen. Typische,
in den von uns untersuchten Fließgewässern
häufige Vertreter mit diesen Eigenschaften sind
Potamogeton nodosus
,
Nuphar lutea
und
Pota-
mogeton pectinatus,
letzterer allerdings ohne die
Fähigkeit zur Bildung von Schwimmblättern.
Auch die Morphologie der Assimilationsorgane
und die Geschwindigkeit, mit der diese ersetzt
werden, können für die Verteilung und Häufig-
keit von Arten in langsam fließenden Gewässern
mit hoher Trübstoff-Fracht von entscheidender
Bedeutung sein, denn der Umfang von Detritus-
Auflagerungen variiert mit der Blattmorphologie.
R
emy
(1993) konnte anhand einer vergleichenden
Untersuchung von
Myriophyllum spicatum
und
Potamogeton pectinatus
zeigen, dass eine Auf-
lagerung durch die dicht stehenden Fiederblät-
ter von
Myriophyllum spicatum
begünstigt wird,
während die glatten, einfachen und schmalen
Blätter von
Potamogeton pectinatus
kaum beein-
trächtigt werden.
Potamogeton pectinatus
nutzt
zudem den Vorteil einer hohen Austauschrate
der Assimilationsorgane, was einer Besiedlung
und damit einer Einschränkung der Photosyn-
these durch das aufwachsende Epiphyton ent-
gegenwirkt. Auch
Sparganium emersum
gedeiht
gut in schwebstoffreichen, eutrophen Fließge-
wässern, da aus dem basalen Meristem laufend
neue Blätter gebildet und gleichzeitig die alten
Blätter abgestoßen werden (W
iggers
-N
ielsen
et al. 1985,
S
and
-J
ensen
et al. 1989). Das Ver-
breitungsbild von
Myriophyllum spicatum
in der
Schutter lässt sich recht gut mit dessen Empfind-
lichkeit gegen Auflagerungen erklären, da die
rein submers wachsende Art nur in den wenigen,
flachen Strecken mit mäßiger Strömung höhere
Deckungsgrade erreicht. Schnelles Wachstum,
die Bildung ausgedehnter Rhizomgeflechte und
hohe Austauschraten von Assimilationsorganen
tragen zu einer allgemein guten Resistenz der
obengenannten Arten gegen Störungen (d.h.
Vernichtung eines Teiles der Pflanzenmasse,
z.B. durch Mahd) bei.
R
iis
& S
and
-J
ensen
(2001) konnten nachweisen,
dass in dänischen Fließgewässern störungsresi-
stente Arten in den letzten 100 Jahren erheblich
zugenommen haben. Auch in den Fließgewäs-
sern Schleswig-Holsteins hat eine auffällige Zu-