Previous Page  62 / 258 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 62 / 258 Next Page
Page Background

60

Carolinea 72

(2014)

nahme räumungs- und schattentoleranter Arten

stattgefunden, insbesondere von

Sparganium

emersum

,

Elodea canadensis

,

Nuphar lutea

,

Po-

tamogeton pectinatus

und

Callitriche

platycarpa

(G

arniel

2000). R

iis

& S

and

-J

ensen

(2001) nen-

nen

Sparganium emersum

,

Potamogeton pecti-

natus

und

Callitriche

spp. als Nutznießer einer

intensivierten Gewässer-Unterhaltung, die wir

wohl auch für Schutter, Unditz und ihre Zuflüsse

als gesichert annehmen können. Möglicherwei-

se ist die extreme Artenarmut im obersten Teil

der kartierten Schutter die Folge einer intensiven

„Grabenpflege“, die nur

Potamogeton nodosus

übriggelassen hat.

6.3 Referenzzustand

Das beträchtliche Ausmaß anthropogener Verän-

derungen, denen die von uns untersuchten Ge-

wässer ausgesetzt waren, lässt die Frage nach

dem „ursprünglichen“ Zustand oder „Referenz-

zustand“ aufkommen. Da es weder schriftliche

ältere Angaben

zur submersen Flora des Unter-

suchungsgebietes, noch Herbarbelege von Was-

serpflanzen aus Schutter und Unditz in den Lan-

desherbarien von Baden-Württemberg gibt, muss

der Referenzzustand oder das „Leitbild“ indirekt

aus dem Gewässertyp, Vergleichen mit nicht oder

kaum anthropogen beeinflussten Referenzgewäs-

sern und demWissen über den Verlauf von Verän-

derungen der Fließwasser-Vegetation in Abhän-

gigkeit von Eutrophierung und Gewässerausbau

erschlossen werden (S

chütz

et al. 2008).

Nach der biocoenologischen LAWA-Fließgewäs-

sertypologie von P

ottgiesser

& S

ommerhäuser

(2004) ist die Schutter oberhalb des Untersu-

chungsgebietes ein silikatischer Mittelgebirgs-

fluss (Typ 9 nach WRRL), der unterhalb von

Lahr vom Mittelgebirge ins Tiefland übergeht

und damit seinen Charakter ändert. Nach einer

in Grundzügen von

W

iegleb

(1981) entwickelten

und von

van

de

W

eyer

für die WRRL bearbeiteten

vegetationskundlichen Typologie (auf floristisch-

soziologischer Grundlage) für Fließgewässer in

Nordrhein-Westfalen (

van

de

W

eyer

2001) kommt

für diesen „Tieflandfluss“-Typus (Typ 19 nach

WRRL), dem auch die Unditz zuzurechnen ist,

eine wuchsformenreiche

Sparganium emersum

-

Gesellschaft (Sparganio-Potamogetonetum pec-

tinati) als Leitbild in Frage. Als regionale Beson-

derheit kann das Vorkommen von

Potamogeton

nodosus

in der Schutter gelten, dessen Verbrei-

tungsschwerpunkt in Südwest-Deutschland in

der Oberrheinebene liegt und dessen Häufigkeit

nach Westen hin zunimmt. In Frankreich ist die

Art weit verbreitet und dort typisch für epi-po-

tamale Fließstrecken, oft zusammen mit

Pota-

mogeton pectinatus

,

Myriophyllum spicatum

und

Nuphar lutea

(D

andy

1980).

Für die untere Kinzig ist wohl eine

Ranunculus

fluitans

-Gesellschaft als Leitbild anzunehmen,

wie sie ähnlich in den Nachbarflüssen der Frei-

burger Bucht (Elz, Glotter, Dreisam) existiert.

Von diesem Leitbild einer wuchsformenreichen

Sparganium emersum

-Gesellschaft mit

Pota-

mogeton nodosus

in den träge fließendenStrecken

bzw. dem „Myriophylliden-Typ“ in den flach über-

strömten, schneller fließenden Abschnitten mit

Ranunculus

fluitans

und

Myriophyllum spicatum

als Leitarten scheint die rezente submerse Vege-

tation der Schutter und ihrer Nebenflüsse (v.a. der

Unditz) nicht allzu weit entfernt zu sein. Vergleiche

zwischen historischen Angaben und rezenter Flo-

ra vieler Fließgewässer anderer Gebiete (S

chütz

1995, S

chütz

et al. 2008) legen allerdings nahe,

dass es auch im (Kinzig)-Schutter-Unditz-System

infolge von Gewässerausbau und Eutrophierung

zu beträchtlichen Änderungen der submersen Ve-

getation und zumVerlust von Arten gekommen ist.

Auch ein Vergleich mit der aquatischen Vegetation

langsam fließender, geringeren anthropogenen

Veränderungen ausgesetzter Fließgewässer in

Mittel- und Westeuropa lässt einen Rückgang

der Diversität vermuten. K

lein

et al. (2000) fanden

in einer nur 10 km langen Fließstrecke der obe-

ren Saar und einem begleitenden Kanal an der

deutsch-französischen Grenze nicht weniger als

35 Arten Höherer Wasserpflanzen, dazu 7 Moos-

arten und eine Armleuchteralge. Neben den weit

verbreiteten Arten, die auch in den von uns unter-

suchten Gewässern dominierten (

Myriophyllum

spicatum

,

Nuphar lutea

,

Potamogeton nodosus,

Potamogeton pectinatus

,

Sparganium emersum

)

kamen in der langsam fließenden Saar auch viele

seltene Taxa vor. Besonders auffallend war eine

große Zahl breitblättriger Laichkräuter, die von

R

iis

(2006) als oligo- bis mesotraphent und/oder

als störungsempfindlich eingestuft wurden (z.B.

Potamogeton lucens, P. perfoliatus, Groenlan-

dia densa

). Es ist nicht unwahrscheinlich, dass

sowohl die Artenzahlen als auch der Anteil stö-

rungs- und eutrophierungsempfindlicher Arten in

Schutter und Unditz, evtl. auch in ihren breiteren

Zuflüssen, zurückgegangen ist.

Dank

Wir danken dem Regierungspräsidium Freiburg, Ref.

56, für die freundliche Unterstützung, namentlich

C

lau

-

dia

L

eitz

und

M

arkus

W

inzer

.