Andrias 19 - page 348

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andrias, 19
(2012)
liegen und die außerdem noch an der Historie
der Pilzkunde interessiert ist, stellte sich zwangs-
läufig die Frage: Wer war J
ulius
H
auck
?
H
auck
unterrichtete in den genannten Jahren als
Hauptlehrer an der Schule in Neckarwimmers-
bach am Neckar (heute in Eberbach eingemein-
det). Aus der Eberbacher Zeitung jener Jahre
erfährt man, dass H
auck
in jener Zeit für die
Eberbacher Bevölkerung mehrere groß ange-
legte Aufklärungskampagnen und Ausstellungen
über Natur, Nutzen und Schädlichkeit der Pilze
veranstaltete, die eine überwältigende Resonanz
fanden. Später dehnte er seine Aufklärungsar-
beit über Eberbach hinaus bis nach Mittelbaden
aus. In diesem Zusammenhang sind auch seine
populärwissenschaftlichen Schriften entstanden
und veröffentlicht worden.
Die Biografie
J
ulius
G
ustav
C
arl
H
auck
wurde als Sohn des
Einzelhandelskaufmanns G
ustav
L. H
auck
und seiner Ehefrau B
erta
geb. N
audascher
(*23.12.1850) am 26. Februar 1875 in Kenzingen
im Breisgau geboren. Die kinderreiche, katho-
lische Familie lebte in bescheidenen Verhältnis-
sen, da der Gemischtwarenladen der Eltern nicht
allzu viel abwarf; 1896 ging der Laden in Konkurs.
Trotz dieser unbefriedigenden wirtschaftlichen
Verhältnisse konnte J
ulius
H
auck
die Höhere
Bürgerschule in Kenzingen von 1885-1890 mit
gutem Erfolg besuchen. Neben Deutsch und den
naturkundlichen Fächern lernte er Latein, Fran-
zösisch und Englisch (A. W
ild
, schriftl. Mitt.). Wo
er seine Lehrerausbildung absolvierte, war nicht
zu ermitteln (M
ichael
B
ock
, schriftl. Mitt.). Ab Juni
1907 unterrichtete H
auck
für wenige Monate auf
einer nicht „etatmäßigen“ Stelle als Naturlehrer
an der Volksschule in Kirrlach bei Bruchsal (K.
H
offmann
, schriftl. Mitt.). Von dort wurde er noch
im gleichen Jahr vom Großherzoglichen Ober-
schulrat nach Altenbach bei Schriesheim auf
eine „etatmäßige“ Hauptlehrerstelle versetzt (D.
H
echt
, schriftl. Mitt.). Während seiner Zeit in Al-
tenbach wurde das marode Schulhaus durch ei-
nen repräsentativen Neubau ersetzt, zu dessen
Einweihung H
auck
im Jahre 1910 die Festrede
hielt. Er dirigierte den Gesangverein Liederkranz
Altenbach 1863 von 1907 bis zu seinemWegzug
1911; er blieb dem Verein sein Leben lang ver-
bunden und erfuhr mehrere Ehrungen (G
ross
202: 442). Auch an der Schule förderte und inten-
sivierte er den Musikunterricht und führte dem
Verein zahlreichen Nachwuchs zu (G
ross
2002:
529). Obwohl er als Lehrer ein hohes Sozialpre-
stige genoss und in dem kleinen Ort als Autorität
geachtet war, machte er sich nicht nur Freunde,
wie ein aktenkundiger Streit mit dem reichsten
Mann Altenbachs, V
alentin
J
ungmann
, belegt.
H
auck
ging zwar als Sieger und rehabilitiert aus
dem Streit hervor (G
ross
2002: 435), verließ
aber am 16.10.1911 Altenbach und übersiedelte
mit Mutter und Schwester nach Neckarwimmers-
bach. Die Familie wohnte im dortigen Schulhaus
(R. L
enz
, schriftl. Mitt.). Bereits ab etwa 1896
fungierte H
auck
als Chorleiter des Männerge-
sangvereins Concordia in Neckarwimmersbach,
den er zu gesanglichen Höchstleistungen und
bemerkenswerten Auszeichnungen führte. 1914
endete diese Tätigkeit, da sich der Chor kriegs-
bedingt auflöste (Concordia 1988: 54).
1920 verließ H
auck
Neckarwimmersbach, um
seinen Dienst an der Wieslocher Gerbersruh-
schule aufzunehmen. Im März 1930 trat er aus
gesundheitlichen Gründen in den vorzeitigen Ru-
hestand, zog nach Heidelberg (M. K
urz
, mündl.
Mitt.) und blieb dort bis zu seinem Tod. Er unter-
richtete als „Privatlehrer“, wechselte oft die Woh-
nung und starb im hohen Alter von 91 Jahren am
3. Oktober 1966. Am 5. Oktober fand die Trauer-
feier auf dem Bergfriedhof statt, wo seine Urne
auch bestattet wurde. H
auck
blieb unverheiratet
(D. W
eber
: schrift. Mitt.)
Schüler H
auck
s in Eberbach und Wiesloch
schilderten der Autorin im Jahre 1997 den Leh-
rer als einen gestrengen, hageren Mann, der we-
nig umgänglich und verschlossen auf sie wirkte.
Über sein mykologisches Hobby wussten sie
nichts zu berichten.
Eberbach am Neckar in der Zeit von
1914-1918
Die Eberbacher Zeit H
auck
s war über einen lan-
gen Zeitraum hinweg von den Wirren und Nö-
ten des 1. Weltkriegs geprägt. Bei Beginn des
Krieges hatte die deutsche Regierung keinerlei
Vorkehrungen getroffen, um den Nahrungs-
mittelbedarf der Bevölkerung sicherzustellen.
Zwar wurden fast alle nötigen Nahrungsmittel
im Lande selbst erzeugt, nur 10 % des Bedarfs
mussten importiert werden, so dass sich die
englische Seeblockade zunächst nicht bemerk-
bar machte. Massive Engpässe traten erst ab
1916 auf. Man sprach plötzlich von der „Hunger-
blockade“, deren Auswirkungen natürlich auch
in Eberbach zu spüren waren. Eberbach war,
schon durch seine Lage am engen Neckarknie
bedingt, keine landwirtschaftlich geprägte Stadt.
1...,338,339,340,341,342,343,344,345,346,347 349,350,351,352,353,354,355,356,357,358,...376
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