290
andrias, 19
(2012)
vierter Pilze ein. Er warnte auch hier wieder vor
leichtsinnigem Sammeln und ermahnte den Pilz-
freund, nur Pilze zu sammeln und zu essen, die
er ganz genau kenne. Von Schnecken angenagte
Pilze seien nicht unbedingt essbar und verfärbte
Zwiebeln und Silberlöffel im Kochtopf seien kein
Beweis für giftige Pilze, sondern für das schwe-
felhaltige Eiweiß, das schließlich jeder Pilz ent-
halte (H
auck
1916b, Vorwort).
Würdigung
H
auck
war sicher zu seiner Zeit ein guter und
anerkannter Pilzkenner. Wie aus seiner Anstel-
lung als Naturlehrer zu schließen ist, hatte er
sich wohl schon während seiner Lehrerausbil-
dung gewisse pilzkundliche Grundkenntnisse
erworben oder bereits vorhandenes Wissen er-
weitert. Wichtig und richtungweisend waren für
ihn die bekannten, populärwissenschaftlichen
Werke seiner Zeit, denen er blind vertraute und
die er nicht hinterfragte. Sein Interesse an den
Pilzen beschränkte sich überwiegend auf Pilze
als Nahrungsmittel. Ihm ging es darum, der unter
den Kriegswirren leidenden Bevölkerung eine bis
dato wenig genutzte oder misstrauisch betrach-
tete Nahrungsquelle zu erschließen und vertraut
zu machen. Mit großer Hingabe und ungeheurem
Fleiß widmete er sich dieser Aufgabe: Er veran-
staltete pilzkundliche Vortragsreihen und machte
die Bevölkerung durch Anschauungsunterricht in
der Natur und in Ausstellungen mit den „Kindern
des Waldes“, wie er die Pilze oft bezeichnete,
bekannt. Dabei war es ihm ein Anliegen, die Pilz-
kenntnis der Bevölkerung zu verbessern, aber
auch gleichzeitig für die Gefährlichkeit des Ob-
jekts zu sensibilisieren. H
auck
hoffte, dass durch
seine Schriften viele zum Pilzgenuss finden und
sich zu Pilzfreunden und -kennern entwickeln
würden (H
auck
1916b, Vorwort).
Seine kleinen pilzkundlichen Schriften enthalten
wenig Originales, man kann sie als Exzerpte
aus G
ramberg
(1913), M
ichael
(1917), S
chnegg
(1916) und R
othmayr
(1913) bezeichnen. Aber
die äußerst preiswerten Broschüren erfüllten ih-
ren Zweck, sie wurden in Zeitungen günstig be-
sprochen und von den Käufern gelobt, wie der
Weinheimer Anzeiger schrieb: „Die Pilzbücher
des Herrn H
auck
zeichnen sich nicht bloß durch
den billigen Preis, sondern vor allem dadurch
aus, daß mit wenigenWorten alles Wissenswerte
mit einer Anschaulichkeit und Übersichtlichkeit
dargelegt ist, wie es geradezu als mustergültig
bezeichnet werden muß“ (H
auck
1917a, Um-
schlag). Von den beiden Auflagen des „Führers
durch die Pilzausstellung“ wurden über 5.000
Exemplare gedruckt, was auf großen Zuspruch
schließen lässt. Dass die Aufklärungskampagnen
ihm eine Herzensangelegenheit waren, zeigt die
Tatsache, dass er die Schriftchen im Eigenverlag
publizierte. Insgesamt sind vier Titel nachgewie-
sen, teilweise in mehreren Auflagen (V
olbracht
2006: 180).
Aus heutiger Sicht sind H
aucks
Aufklärungskam-
pagnen mit gemischten Gefühlen zu betrachten,
denn dem Anspruch, das Pilzesammeln für eine
breite Öffentlichkeit sicher zu machen, wurde er
nicht gerecht.
Auch für Mykologen sind H
auck
s Schriften wenig
ergiebig, da man an Hand seiner Ausstellungs-
listen nicht auf das Vorkommen von Pilzarten
schließen kann. Er sammelte vom Odenwald bis
in den mittleren Schwarzwald und machte nur all-
gemeine Fundortangaben, die sich hauptsächlich
auf das Biotop bezogen. Selbst wenn Fundortan-
gaben gemacht worden wären, so blieben viele
seiner Bestimmungen trotzdem unbrauchbar, da
er z.B. die Bestimmung anspruchsvoller Arten,
wie Täublinge, Milchlinge oder Schleierlinge nur
nach den Abbildungen in den ihm zur Verfügung
stehenden Büchern vorgenommen hatte.
Was von H
auck
bleibt, ist das Andenken an ei-
nen Mann, der es verstand, die Bevölkerung ei-
ner Kleinstadt in schwierigen Zeiten für Pilze zu
begeistern, wovon seine erhalten gebliebenen
pilzkundlichen Schriften ein beredtes Zeugnis
ablegen.
Dank
Mein Dank gilt C
hristian
V
olbracht
, Hamburg, der mir
die Werke H
auck
s in Kopie zur Verfügung stellte und
Herrn A
nton
W
ild
, Emmendingen, für Auskünfte. Dan-
ken möchte ich auch allen Archivaren für ihre Hilfe und
Auskünfte: Dr. R
üdiger
L
enz
, Stadtarchiv Eberbach,
D
iana
W
eber
, Stadtarchiv Heidelberg, Dr. D
irk
H
echt
,
Stadtarchiv Schriesheim, K
atja
H
offmann
, Stadtarchiv
Waghäusel, M
anfred
K
urz
, Stadtarchiv Wiesloch und
Herrn M
ichael
B
ock
, Generallandesarchiv Karlsruhe.
Literatur
B
lücher
, H. (1914): Praktische Pilzkunde. – 2 Bde.
Leipzig.
B
ulliard
, P. (1787): Herbier de la France, ou Collec-
tion complète des plantes indigènes de ce royaume,
Bd. 7. – Paris.
Concordia (1988): Festschrift. 100 Jahre Männerge-
sangverein Concordia Neckarwimmersbach.– Eber-
bach .