Andrias 19 - page 361

W
einhardt
: Hausschwamm in der Bibel?
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Stellt er dabei fest, dass sich an den Mauern
des Hauses grünlich gelbe oder rötliche Vertie-
fungen zeigen, die Mulden in der Mauer bilden,
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so soll der Priester aus dem Haus hinausgehen
und den Eingang für sieben Tage abschließen.
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Am siebten Tag soll er wiederkommen.
Die Behandlung von Zara‘at
Stellt er bei der Besichtigung fest, dass sich das
Übel an den Hausmauern ausgebreitet hat,
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so
ordne er an, die Steine, die vom Übel befallen
sind, herauszureißen und sie vor die Stadt hinaus
an einen unreinen Ort zu werfen.
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Dann soll er
die Innenwände des Hauses abkratzen lassen
und man soll den so entfernten Mörtel aus der
Stadt hinausschaffen und an einen unreinen Ort
schütten.
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Man soll andere Steine nehmen, um
die herausgerissenen zu ersetzen, und das Haus
mit frischem Mörtel bestreichen.
DasVerfahren bei erneutemAuftreten von Zara’at
nach der Behandlung
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Hat man die Steine entfernt, das Haus abge-
kratzt und neu verputzt und das Übel bricht wie-
der aus,
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soll der Priester kommen, um es zu
besichtigen. Stellt er fest, dass sich das Übel an
dem Haus ausgebreitet hat, so ist bösartiger Aus-
satz an dem Haus; es ist unrein.
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Man soll es
niederreißen und seine Steine, seine Balken und
seinen ganzen Mörtelverputz vor die Stadt hi-
nausbringen an einen unreinen Ort.
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Jeder, der
das Haus während der Tage, an denen es durch
den Priester verschlossen war, betreten hat, ist
unrein bis zum Abend.
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Wer im Haus geschlafen
hat, muss seine Kleider waschen; wer im Haus
gegessen hat, muss seine Kleider waschen.
Das Verfahren bei Ausbleiben von Zara’at nach
der Behandlung
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Kommt aber der Priester, um das Übel zu
besichtigen, und stellt fest, dass sich das Übel,
nachdem das Haus neu verputzt wurde, nicht
ausgebreitet hat, soll er das Haus für rein er-
klären, denn das Übel ist abgeheilt (Es folgen in
Vers
49 – 53
noch rituelle Vorschriften für das reno-
vierte Haus).
Zum Verständnis dieses Textes ist zunächst sei-
ne Stellung im Zusammenhang wichtig. Die bei-
den Kapitel Lev 13f. regeln nämlich den Umgang
mit höchst verschiedenen Phänomenen, die alle
unter der Kategorie Zara’at subsumiert werden.
Die Analyse von Zara’at an Häusern muss die
beiden anderen Formenkreise von Zara’at mit
berücksichtigen.
4 Zum Verhältnis von Zara’at an Menschen,
Kleidern und Häusern
Lev 13 und 14 behandeln Zara’at an Menschen,
an Kleidern und an Häusern. Zara’at am Men-
schen (Lev 13,1-46) besteht in verschiedenen
Hautveränderungen, wie Brandnarben, Furun-
keln, Flechten und sonstigen farblichen oder
tastbaren Anomalien. Je nach Aussehen und
Veränderung des Befundes muss der Patient vo-
rübergehend oder für immer von der gesunden
Bevölkerung abgesondert werden. Der Name
„Aussatz“ für eine Reihe von als ansteckend gel-
tenden Hautkrankheiten rührt von der sozialen
Isolation der Dauerquarantäne her (Leben außer-
halb des Dorfes; Verlust aller sozialen Kontakte,
körperliche Verwahrlosung, Vereinsamung).
Zara’at an Kleidern (aus Wolle, Leinen oder Le-
der, Lev 13,47-59) besteht aus farblichen Ver-
änderungen an der Oberfläche der Stoffe bzw.
des Leders. Je nach Art dieser fleckenförmigen
Erscheinung und nach ihrer Veränderung, ggf.
nach einer Abwaschung, muss das Stück ver-
brannt bzw. kann es weiter gebraucht werden.
In diesen drei Regelkomplexen – der Aussatz-
Tora – ist antikes hygienisches Erfahrungswis-
sen niedergelegt. Dass die Phänomene am
Menschen zu einem großen Teil auf Infekti-
onskrankheiten zurückzuführen sind und dass
die Erscheinungen an Textilien und Mauern oft
mikrobiologischer Natur sein dürften, kann als
gegeben angenommen werden. Die alttesta-
mentlichen Priester haben die medizinischen,
die textilen und die mineralischen Phänomene
mit demselben Begriff versehen, weil sie sich in
einigen Eigenschaften überschnitten bzw. über-
schneiden konnten: In jedem Fall handelte es
sich um Erscheinungen an Oberflächen. In allen
drei Bereichen konnte es ferner zu Verfärbungen
kommen, die freilich nicht dieselbe Farbe hatten:
auf der Haut „hell“, „hellrot“ oder „weiß“, auf Tex-
tilien und Mauern „grünlich gelb“ oder „rötlich“.
Schließlich war auch in zwei Bereichen das Auf-
treten von Vertiefungen im Zusammenhang mit
den Flecken möglich (Lev 13,3: Haut; Lev 14,37:
Mauer).
Bei der mikrobiellen Identifikation von Aussatz
an Häusern gibt es ähnliche Probleme wie bei
dem Versuch, eine moderne medizinische Dia-
gnose für den Aussatz am Menschen zu stellen.
Letzteres kann hier nur kurz gestreift werden:
Der Begriff „Zara’at“ wurde von den griechischen
Übersetzern des Alten Testaments mit „Lepra“
wiedergegeben. Diesen Namen erhielt auch die
1...,351,352,353,354,355,356,357,358,359,360 362,363,364,365,366,367,368,369,370,371,...376
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