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O
berwinkler
: Mykologie am Lehrstuhl der Universität Tübingen 1974-2011
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Leucosporidiales, Sporidiobolales
Die Pilze bilden weißliche, creme- bis rosa-
farbene Hefekolonien. Auch bei ihnen wurden
Colacosomen, aber kein Mykoparasitismus
nachgewiesen. S
ampaio
et al. (2003) haben er-
nährungsphysiologische, ultrastrukturelle und
molekulare Daten von asexuell und sexuell auf-
tretenden, Pflanzen und Pilze parasitierenden
sowie vermutlich saproben Microbotryomyceten
vergleichend untersucht. Sie schlugen die Leu-
cosporidiales und Sporidiobolales als neue Ord-
nungen, Leucosporidiella als neue Gattung und
Leucosporidium golubevii als neue Art vor.
Microbotryales, Falsche Brandpilze
(Tafel 3, Abb. 9)
Die Falschen Brandpilze sind, gleich den Echten
Brandpilzen (siehe Ustilaginomycotina), obligate
Pflanzenparasiten. Auch sind die Befallsmerk-
male ähnlich. Lange wurden Brandpilze deshalb
in einer Ordnung (Ustilaginales) vereinigt. Die Er-
kenntnis, dass es sich hierbei um nicht näher ver-
wandte Sippen handelt, wurde von unserer Grup-
pe in zahlreichen Arbeiten gewonnen. In einem
erweiterten Screening von Eisentransportverbin-
dungen haben D
eml
& O
berwinkler
(1980) die
Siderochrome von Brandpilzen mit ontogene-
tischen Hefestadien untersucht und dabei in Usti-
lago-Arten, die wir später zu den Microbotryales
stellten, eine Verbindung entdeckt, die D
eml
&
O
berwinkler
(1982b) als Rhodotorulasäure iden-
tifizieren konnten. D
eml
(1985) hat die Sidero-
phorproduktion von Hefen aus Polygonaceen-
Blüten bewohnenden Brandpilzen studiert und
eine systematisch relevante Verteilung von Ferri-
chrom und Rhodotorulasäure gefunden. – Als wir
Antherenbrände der Caryophyllaceen systema-
tisch studierten (D
eml
& O
berwinkler
1982a), sind
wir beim Vergleich mit Brandpilzen anderer Wirts-
gruppen auf die Heterogenität von Ustilago-Arten
gestoßen. Es erschien uns daher sinnvoll, die be-
reits von L
éveillé
eingeführte Gattung Microbotry-
um für Ustilago violacea zu verwenden, den Pilz
also M. violaceum zu nennen. – Die beiden in den
Antheren von Silene vulgaris sporulierenden M.
silenes-inflatae und M. violaceo-irregulare haben
wir (D
eml
& O
berwinkler
1983) nach Befallsbil-
dern, Sporenfarben, Sporenornamenten, Basidi-
eneigenschaften und den Verwertungsspektren
von Kohlenstoffquellen ihrer Hefen unterschie-
den. Feinstrukturelle Untersuchungen zu einzel-
nen Ontogeniestadien von M. scabiosae (als Us-
tilago s.) wurden von S
chmitter
(1982)
durchgeführt. – Beim Studium der Basidiomyce-
ten-Hefen unterschieden P
rillinger
et al. (1991)
einen Microbotryum-Typ. Nach der Kohlenhydrat-
zusammensetzung der Zellwände konnten P
ril
-
linger
et al. (1993) Ustilago s. str., Sporisorium,
Entyloma und Melanotaenium von Microbotryum
und Sphacelotheca trennen. Ustilentyloma flui­
tans konnte mit Microbotryum gruppiert werden.
– Den Zyklus des Spindelpolkörpers, die Meiose
und die Basidienentwicklung haben wir (B
erbee
et al. 1990) am Beispiel von M. violaceum unter-
sucht und mit den entsprechenden Eigenschaften
von Ustilago maydis und Sphacelotheca polygo-
ni-serrulati verglichen. – Einen illustrierten Le-
benszyklus von M. lychnidis-dioicae auf der Wirts-
art Silene latifolia haben S
chäfer
et al. (2010)
veröffentlicht. – Mit einer „simple colour contrast
method“ der Sporenpulverfarben hat V
ánky
(1998b) 55 Brandpilzarten mit violettfarbigen
Sporenmassen, die Dikotylenwirte aus acht Fa-
milien besitzen, nach Microbotryum umkombi-
niert. Über drei neue Arten, die auf Portulacaceen
vorkommen, M. calyptratae auf Calandrinia ca-
lyptratae und C. menziesii, M. lewisiae auf Lewi-
sia nevadensis und M. perfoliatae auf Claytonia
perfoliata, berichtete V
ánky
(1998d). – Mit mole-
kularphylogenetischen Methoden konnten wir
(L
utz
et al. 2005) zeigen, dass die Antherenbrän-
de der Caryophyllaceen eine wirtsabhängige
Speziation durchliefen. Das paraphyletische M.
violaceum wurde in monophyletische Taxa zer-
legt, M. chloranthae-verrucosum und M. sapona-
riae wurden als neue Arten eingeführt und M. di-
anthorum emendiert. Mit erweiterterten Daten
wiesen K
emler
et al. (2006) nach, dass die Micro-
botryum-Arten auf Caryophyllaceen ein Mono-
phylum darstellen und dass die nordamerika-
nischen Spezies von den europäischen getrennt
wurden, bevor diese begannen, sich aufzuspal-
ten. Eine zweite Gruppe von Antherenbränden
rekrutiert ihre Wirte aus den Dipsacaceen, Lami-
aceen und Lentibulariaceen. Auch die meisten
Antherenbrände auf Asteraceen sind monophyle-
tisch. Die Polygonaceen parasitierenden Micro-
botryaceen können als basal innerhalb der Taxa
angesehen werden, die auf Eudicotylen vorkom-
men. L
utz
et al. (2008) haben die in Antheren von
Caryophyllaceen sporulierenden Microbotryen
erneut ökologisch, morphologisch und molekular
analysiert. Es gelang ihnen drei bis dahin unbe-
kannt gebliebene Arten zu entdecken: M. adeno-
petalae, M. minuartiae und M. silenes-acaulis. –
Brandpilze auf Polygonaceen hatten wir (D
eml
et
al. 1981b) unter den Gattungen Sphacelotheca
und Ustilago behandelt. Wir fanden, dass Artab-
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