O
berwinkler
: Mykologie am Lehrstuhl der Universität Tübingen 1974-2011
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turellen und molekularen Daten interpretierten
B
auer
et al. (1997) und B
egerow
et al. (1997)
die Entorrhizales als eine Schwestergruppe
aller Brandpilze. Entorrhizaceae und Entorrhi-
zales haben B
auer
& O
berwinkler
(in B
auer
et
al. 1997) beschrieben. – Aus Neuseeland hat
V
ánky
(1998c) Entorrhiza casparyanella auf Jun-
cus gregiflorus bekannt gemacht. – V
ánky
et al.
(2007) haben die südafrikanische Entorrhiza ca-
lospora, die an Wurzeln verschiedener Arten der
Aizoaceae, Molluginaceae und Portulacaceae
Gallen bildet, in die neue Gattung Talbotiomyces
transferiert. Wegen fehlender ontogenetischer,
ultrastruktureller und molekularer Daten war
jedoch eine systematische Zuordnung der Gat-
tung nicht möglich.
Agaricomycotina
(Abb. 18)
Um die Taxonomie der Phylogenie der Basi-
diomyceten anzugleichen, haben B
auer
et al.
(2006) die Unterabteilung der Agaricomycotina
vorgeschlagen, deren Arten sich durch den Typ
B der Sekundärstruktur der 5S RNA, dominie-
rende Glucose und das Vorhandensein von Xy-
lose in den Zellwänden definieren lassen. Ein
gemeinsames Strukturmerkmal für diese sehr
artenreiche Unterabteilung der Basidiomycota
ist weder im subzellulären und zellären Bereich
noch in makroskopischen Bauplänen vorhanden.
Die meisten Pilze, deren Fruchtkörper mit freiem
Auge erkannt werden können (die sog. Groß-
pilze), gehören hierher.
Wie wichtig der breite Ansatz unseres gesam
ten Forschungskonzeptes war, wird aus den
folgenden Abschnitten deutlich. Systematik und
Phylogenie der einzelnen Taxa waren unver-
zichtbar für einen wissenschaftlich fundierten
Einstieg in ökologische Fragestellungen, insbe-
sondere der Bodenbiologie und vornehmlich der
Mykorrhizaforschung. Optimierte Kultivierungs-
techniken, ausgereifte Feinstrukturmethodik und
sukzessive Verwendbarkeit molekularer Analytik
wurden zu essentiellen Komponenten unserer
Arbeiten.
Bartheletiaceae
Die auf abgefallenen Ginkgo biloba-Blättern
schwarze Kolonien bildende Bartheletia parado-
xa, die von A
rnaud
schon 1954 beschrieben wur-
de, haben S
cheuer
et al. (2008) ontogenetisch,
morphologisch, ultrastrukturell und molekular-
phylogenetisch untersucht. Sie fanden dickwan-
dige Probasidien (Teliosporen), die über jeweils
einen Keimporus mit Hyphen auskeimen und in
einer tremelloiden Basidie terminieren. Auf stum-
melförmigen Sterigmen werden sitzende Basi-
diosporen gebildet. Hyphensepten sind vielfach
mit Mikroporen durchlöchert. Molekularphyloge-
netisch kann eine basale Stellung in den Agari-
comycotina wahrscheinlich gemacht werden.
Tremellales, Zitterpilze
(Tafel 6, Abb. 19)
Viele Tremellales-Arten kommen auf Holz vor
und täuschen damit eine saprobe Lebensweise
vor. Tatsächlich ließen sich die genauer unter-
suchten Arten als Mykoparasiten erkennen. Häu-
fig haben diese Pilze gallertige, bei Trockenheit
einschrumpfende und bei erneut einsetzender
Feuchtigkeit wieder aufquellende Fruchtkörper.
Ursprünglich waren Tremellales innerhalb der He-
terobasidiomyceten als Pilze mit längs septierten
Basidien definiert. – Bei der Bearbeitung cyphel-
loider Pilze fanden A
gerer
& O
berwinkler
(1979)
tremelloide Basidien in Flagelloscypha applana-
ta. Da sie keine Haustorien an den Basidien bil-
denden Hyphen finden konnten, nahmen sie an,
dass diese Basidien nicht zu einem tremelloiden
Mykoparasiten gehörten. Entsprechend schlugen
sie eine neue Gattung, Heteroscypha, vor. Bei
Flagelloscypha malmei fanden sie nur verein-
zelte, partiell apikal septierte Basidien. – An kul-
tivierter Tremella uliginosa wiesen O
berwinkler
&
B
andoni
(1981) dickwandige Basidien nach, de-
ren Teilzellen entweder direkt mit dikaryotischen
Hyphen keimen, oder deren monokaryotische
Keimhyphen außerhalb der Basidie fusionieren.
Sie führten für diesen Pilz die Gattung Tetrago-
niomyces und die Familie Tetragoniomycetaceae
ein. Die mykoparasitische Interaktion von Tetra-
goniomyces uliginosus mit Rhizoctonia sp. unter-
suchten B
auer
& O
berwinkler
(1990a) transmis-
sionselektronenmikroskopisch. Sie fanden einen
Mikroporus, der durch die Haustorienspitze und
die Wirtszellwand geht. Dabei verschmelzen die
Cytoplasmamembranen von Wirt und Parasit,
was zu einem direkten Cytoplasmakontakt der
beiden interagierenden Pilze führt. Dies war der
Erstnachweis eines derartigen Mykoparasitismus
bei Basidiomyceten. – Für seine Dissertation hat
Z
ugmaier
(1991) den Mykoparasitismus von Tre-
mella encephala, T. mycophaga, T. polyporina und
einer unbeschriebenen Tremella auf Dacryonae-
ma rufum licht- und transmissionselektronenmi-
kroskopisch untersucht. Es konnte belegt werden,
dass die zellulären Differenzierungen bei allen
studierten Arten identisch sind. Die mykoparasi-
tischen Interaktionen von Tremella mesenterica,
T. encephala und T. mycophaga haben Z
ugmaier