O
berwinkler
: Mykologie am Lehrstuhl der Universität Tübingen 1974-2011
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auf Tulasnella-Arten erkannt werden (B
idarton
-
do
et al. 2003). Die Tulasnellen ihrerseits bilden
Ektomykorrhizen mit Alnus glutinosa, Betula pu-
bescens, Pinus pinaster oder Salix aurita und
S. cinerea. – Aus 59 Wurzelproben von sieben
europäischen und nordamerikanischen Cypri-
pedium-Arten haben S
hefferson
et al. (2005)
überwiegend Tulasnellen nachgewiesen, nur
selten Vertreter der Sebacinaceae und Cerato-
basidiaceae sowie eine Art der Deuteromyceten-
gattung Phialophora. Bei einer Quantifizierung
der Cypripedium-Mykorrhizaspezifitäten fanden
S
hefferson
et al. (2007) eine enge spezifische
Bindung der Pilzpartner an die Orchideenarten.
Dies wurde als ein konservierter Koevolutions
trend interpretiert. – Aus einem andinen Bergre-
genwald bei Loja, Ecuador, haben S
uárez
et al.
(2006) Tulasnella spp. als Mycobionten in epi-
phytischen Orchideen nachgewiesen. Die mo-
lekularen Daten wurden durch ultrastrukturelle
Befunde abgesichert. Es konnten jedoch keine
Zuordnungen zu bereits bekannten Tulasnella-
Arten gemacht werden. Die Autoren nahmen an,
dass der hohen Diversität von Tulasnellen als
Mykorrhizapartner epiphytischer Orchideen eine
erhebliche ökologische Bedeutung zukommt. An
den Orchideenmykorrhizen sind, wie bereits er-
wähnt, auch Sebacinen der Gruppe B (S
uárez
et
al. 2008, 2009) beteiligt. – K
ottke
et al. (2008a)
haben versucht, mit Hilfe von Sequenztaxa Pilz-
netzwerke im oben bereits erwähnten Bergregen-
wald bei Loja, Südecuador, zu erfassen. Sie fan-
den, dass die detektierten Tulasnellales-Taxa an
epiphytischen, pleurothalloiden Orchideen und in
Aneuraceen auftraten. – Identifikation und funkti-
onelle Typen mutualistischer, Orchideenwurzeln
bewohnender Pilze wurden von K
ottke
& S
uárez
(2009) beschrieben. – An Tulasnella-Mykobi-
onten von südecuadorianischen Orchideenmy-
korrhizen haben C
ruz
et al. (2010) die Variabilität
der Mikromorphologie und den intragenomischen
Polymorphismus untersucht. In einem morpho-
logisch kaum variablen Taxon des Tulasnella
pruinosa-Komplexes wurde, mit Ausnahme von
einem Klon, nur eine Variabilität von weniger als
1 % der ITS1-5.8S-ITS2 Region gefunden. – In
54 europäischen und 48 ecuadorianischen Auf-
sammlungen des thallosen Lebermooses Aneu-
ra pinguis (Metzgeriales) haben P
reussing
et al.
(2010) molekularphylogenetisch die hohe Diver-
sität von 13 verschiedenen Gruppen mycobion-
tischer Tulasnella festgestellt. Diese Diversität
war in europäischen Proben wesentlich höher
als in ecuadorianischen. Aneuraceae mit ihren
tulasnelloiden Pilzen haben K
rause
et al. (2011)
als ein Modell der frühen evolutiven Entwicklung
von Pilzsymbiosen interpretiert.
Cantharellales, Pfifferlings-Verwandtschaft
(Abb. 26)
Diese Ordnung wird, entsprechend unterschied-
licher molekularphylogenetischer Hypothesen,
uneinheitlich umschrieben. Wir separieren in
dieser Darstellung die Tulasnellales als eigenes
Taxon (siehe oben). – In ihrer mykofloristischen
Studie „niederer Basidiomyceten aus Südba-
yern II“ haben P
oelt
& O
berwinkler
(1962) auch
Botryobasidium pruinosum und Sistotrema ra-
duloides aufgelistet, die jetzt zu den Cantha-
Abbildung 26. Basidiomyceten-Flechten mit keulenför-
migen Fruchtkörpern. a) Multiclavula mucida auf einem
Fichtenstumpf, Wertach, 4.10.1996. Diese Basidio-
mycetenflechte fruktifiziert stiftförmig, clavarioid. Der
Flechtenthallus bildet einen grünen Pilz-Algen-Über-
zug auf dem Fichtenholz. Die Flechte hat eine weltwei-
te Verbreitung. Messbalken 1 cm. b) Unterschiedliche
Entwicklungsstadien der Pilz-Flechten-Verbindung
(Lichenisierung). Einzelne Grünalgenzellen (punktiert)
werden von Hyphen umhüllt. Diese Ummantelung er-
laubt oder fördert sogar die Vermehrung der Algen,
sodass immer größere Thalluskugeln entstehen. Hier
sind nur die Anfangsstadien illustriert. c) Ausschnitt aus
dem Subhymenium und Hymenium eines Pilzfrucht-
körpers mit unterschiedlichen Stadien der Basidienent-
wicklung und Basidiosporen. Messbalken für b) und c)
20 µm, nach O
berwinkler
(1970).