Andrias 19 - page 60

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andrias, 19
(2012)
weiteren Pflanzengruppen Ektomykorrhizen. Mit
Arten der Heidekraut-Verwandtschaft gehen sie
ericoide, arbutoide und cavendishioide Mykorrhi-
zen ein, und schließlich treten sie mit Orchideen,
sogar mit epiphytisch lebenden, in spezifische
Orchideenmykorrhizen ein. Die Hyphen der Se-
bacinales sind fast immer schnallenlos, ihre Sep-
tenporen haben Doliporen mit kontinuierlichen
Parenthesomen und ihre Basidien sind reif längs
septiert.
Die jüngste Entdeckungsgeschichte kryptischer
Sebacinen kann als sensationell bezeichnet
werden. Um dies zu verdeutlichen, greifen wir
auf eigene Arbeiten aus „vormolekularer Zeit“
zurück. – Südbayerische Arten der Gattung Se-
bacina, nach damaliger Umgrenzung, hat O
ber
-
winkler
(1963) behandelt und S. dimitica als
neue Spezies beschrieben. – Fruchtkörperlose
und intrahymenial in anderen Pilzen wachsen-
de Sebacina-Arten (s.l.) wurden von O
berwink
-
ler
(1964b) untersucht. Er hat drei neue Arten,
Sebacina gloeophora, S. vermifera intrahymenial
in Uthatobasidium fusisporum und S. inclusa in
Fruchtkörpern von Botryobasidium, gefunden
und beschrieben. Eine weitere Art, Sebacina in-
terna, die im Fruchtkörper von Hyphoderma ob-
tusum gefunden wurde, ist zusammen mit P
oelt
beschrieben worden. Diese frühen Arbeiten von
O
berwinkler
werden hier angeführt, weil Sebaci-
na vermifera und viele fruchtkörperlose, nur mo-
lekular detektierte Sebacina-Sippen, sich jüngst
weltweit in Dendrogrammen als Sequenztaxa
unbekannter Sebacinen akkumulieren. Wie die-
se molekular detektierbare, kryptische Diversität
künftig als Organismen handhabbar gemacht
werden kann, ist derzeit absolut rätselhaft. –
Eine weitere Art mit winzigen, kaum sichtbaren
Fruchtkörpern und gebogenen Basidiosporen
wurde von K
irschner
& O
berwinkler
(2002) als
Sebacina allantoidea beschrieben. – W
ells
&
O
berwinkler
(1982) erkannten, dass Eichleriella
gelatinosa, die damals nur von Jamaica und Flo-
rida bekannt war, in die engere Verwandtschaft
von Sebacina gehört. Sie haben für die Art die
neue Gattung Tremelloscypha errichtet und die
Familie der Sebacinaceae eingeführt, in die sie
auch Tremellodendron transferierten. – Über
Sebacina-Arten aus Costa Rica haben K
isimova
-
H
orovitz
et al. (2000a) berichtet. – Nach mole-
kularphylogenetischen Hypothesen von W
eiss
&
O
berwinkler
(2001) stellen die Sebacinaceae mit
den Gattungen Sebacina, Efibulobasidium, Tre-
melloscypha ein Monophylum dar, in das auch
Craterocolla zu stellen ist. – Sebacinoide Pilze
konnten von S
elosse
et al. (2002a, b) in Wurzeln
der chlorophylllosen Orchidee Neottia nidus-avis
und in den Ektomykorrhizen benachbarter Fich-
ten und Kiefern sowie von Buchen, Hainbuchen,
Haselsträuchern, Linden und Schwarzpappeln
gefunden werden. – Sebacinen als Ektomykor-
rhizabildner entdeckten U
rban
et al. (2003) an
Picea abies, Fagus sylvatica, Quercus robur,
Carpinus betulus und Tilia sp. Es konnte Seba-
cina incrustans als eine der mykorrhizierenden
Pilzarten identifiziert werden. – K
ottke
et al.
(2003) fanden mit molekularen Methoden, dass
die Mycobionten der foliosen Lebermoose Ca-
lypogeia muelleriana, Lophozia incisa und L.
sudetica Sebacinen im Cluster von Sebacina
vermifera sensu W
arcup
& T
albot
sind. Dagegen
stellte sich der Mycobiont von Aneura pinguis,
ebenso ein Lebermoos, als Tulasnella heraus.
Ultrastrukturelle Befunde konnten diese Nach-
weise erhärten. – W
eiss
et al. (2004b) führten
auf der Basis zahlreicher Sequenzen die Seba-
cinales ein, die ein Monophylum repräsentieren.
Sie fanden, dass Fruchtkörper bildende und ek-
tomykorrhizierende Arten nur in der Gruppe A
des Sebacinales-Stammbaumes auftreten, wäh-
rend mit Calypogeia- und Lophozia-assoziierte
Sebacinen und ericoide Mycorrhizabildner auf
die Gruppe B beschränkt sind. Orchideenmykor-
rhizen werden dagegen von Arten beider Grup-
pen gebildet. Diese Arbeit belegte die hohe Zahl
kryptischer Sebacina-Sippen durch molekulare
Detektion. Hier ist auf die wenigen, fruchtkörper-
losen Sebacinen zu verweisen, die ab 1964 licht-
mikroskopisch entdeckt wurden. – S
etaro
et al.
(2006a, b) untersuchten die Ektendomykorrhizen
bildenden Sebacinen der andinen Ericacee Ca-
vendishia nobilis. Sie rekrutieren sich aus einer
Vielzahl kryptischer Sebacina-Taxa, die alle der
Gruppe B angehören. Der Mykorrhizierungstyp
unterscheidet sich durch einen lockeren Hyphen-
verband zwischen Wurzelrindenzellen und durch
angeschwollene intrazelluläre Hyphen. Aus die-
sen Gründen wurde der Begriff „Cavendishioide
Mykorrhiza“ vorgeschlagen. – In 76 ericoiden
Mykorrhizen haben S
elosse
et al. (2007) „Clade
B Sebacinales“ entdeckt, „Clade A Sebacinales“
wurden in 13 Wurzeln „basaler Ericaceae“ gefun-
den. – Für die anamorphe Sebacinales-Art Piri-
formospora indica und verwandte Arten aus dem
Sebacina-vermifera-Komplex wurde nachgewie-
sen (D
eshmukh
et al. 2006), dass diese Pilze in
einer endophytischen Interaktion mit Gerste so-
wohl eine höhere Wuchsleistung ihrer Wirtspflan-
zen als auch deren erhöhte Resistenz gegen
1...,50,51,52,53,54,55,56,57,58,59 61,62,63,64,65,66,67,68,69,70,...376
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