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carolinea, 70
(2012)
Männchen und Weibchen überwiegen zwar die
Männchen weitgehend, aber nicht immer. Das
späte Erscheinen adulter Tiere erst im Juni lässt
vermuten, dass es auf dem Flugplatz nur zur ei-
ner einzigen Generation kommt, auch wenn sich
in der Phänologie noch ein kleines Maximum im
September abzeichnet. Dieses geht allerdings
ganz überwiegend auf Männchen zurück. Die
Tatsache, dass von März bis Anfang Juni keine
adulten Tiere in den Fallen zu finden waren, lässt
darauf schließen, dass die Überwinterung wohl
überwiegend im Ei- und/oder frühen Larvensta-
dium stattfindet.
Die meisten Exemplare von A. gracilis sind
brachypter, wobei die Deckflügel bis zum Hin-
terende des Körpers reichen, aber keine Mem-
bran besitzen (Taf. 2). Die Maschenreihen des
Innenfeldes werden von denen des Seiten- und
Außenfeldes durch eine Proximalader („nervure
posterieure“ P
éricart
, 1983: 97 m, n) getrennt,
die den verschmolzenen R+M+Cu-Adern ent-
spricht. Liegt im hintersten Bereich des Innen-
feldes eine Vermehrung der Maschenreihen vor,
ergibt sich ein Übergang zur submakropteren
Form. Bei dieser gewinnt, bei verkürztem Mittel-
feld, die Proximalader an Bedeutung, indem sie
das verbreiterte Maschenfeld des Innenfeldes
vom Seitenfeld abgrenzt. Bei makropteren Ex-
emplaren hat schließlich das schmale Mittelfeld
nur noch etwa die halbe Länge des Deckflügels.
Die beiden das Mittelfeld begrenzenden Adern
(Radial+Medialader außen, Cubitalader innen)
setzen sich als Proximalader in die Maschen der
Membran fort, wo sie nach kurzer Strecke ver-
schwinden.
Das zur Membran erweiterte Innenfeld wird von
einer weiteren, schwächer ausgeprägten Ader
in zwei Bereiche geteilt. Ob diese als eine Quer-
ader oder als „Postcubitalader“ anzusehen ist
(S
nodgrass
, 1935: 215-228) kann hier nicht ent-
schieden werden. Sie setzt vorn etwa mittig an
der Cubitalader an und trennt eine innere Reihe
großer, rechteckiger Zellen von der Hauptfläche
der Membran ab. So entsteht eine zentrale Mem-
branfläche mit bis zu fünf Maschenreihen, die am
Innenrand des Deckflügels in Fortsetzung des
äußeren Randfeldes ein zusätzliches, inneres
Randfeld besitzt.
Zwischen den drei Formen brachypter-subma-
kropter-makropter gibt es bei A. gracilis gleiten-
de Übergänge. An der gracilis-Fauna des Flug-
platzes haben gegenüber den brachypteren die
ausgeprägt submakropteren Exemplare (11
)
,
13
(
) einen Anteil von etwa 6 %, die makropteren
(7
)
, 11
(
) von etwa 4 %. Alle submakropteren
und makropteren Exemplare stammen aus dem
Zeitraum vom Juni bis August von zwei Lokali-
täten (S 8 und S 11) im Sandrasen.
Acalypta parvula (F
allén
, 1807) ist die kleinste
Acalypta-Art und weist in den Bodenfallen mit
175 Exemplaren (85
)
, 90
(
) auch die geringste
Individuenzahl auf. Das Zahlenverhältnis der Ge-
schlechter ist bei dieser Art sehr ausgeglichen
(Abb. 7). A. parvula tritt als erste Acalypta-Art
im Jahr auf. Bereits Anfang April erscheint sie in
größerer Anzahl im Nardetum, wobei sich Männ-
chen und Weibchen etwa die Waage halten. Ab
Ende April werden die Männchen seltener und
erst im Juli und ab Ende August wieder zahl-
reicher. Tabelle 9 lässt die unterschiedliche Häu-
figkeit von Männchen und Weibchen im Jahres-
lauf erkennen. Die Zahlenwerte könnten bei aller
Vorsicht dafür sprechen, dass sich zwei Genera-
tionen im Jahr entwickeln, von denen die erste
als Zwischen-Generation Ende Juli/Anfang Au-
gust ein kurzes Intermezzo spielt und von den
im vorangegangenen Herbst abgelegten, über-
winterten Eiern stammt. Die zweite Generation
müsste sich dann aus im Frühjahr von Imagines
abgelegten Eiern der Überwinterer entwickelt ha-
ben. Sie stellt das Gros der vom Herbst bis in
das Frühjahr lebenden Imagines. Diesem Befund
entspricht die Vermutung von V
oigt
(1994: 165)
und W
achmann
, M
elber
& D
eckert
(2006: 104-
105), nach der die Art in Süddeutschland bivoltin
ist. Jedenfalls ist sie auf dem Flugplatz als Imagi-
nalüberwinterer die einzige Acalypta-Art, die ver-
mutlich über fast das ganze Jahr hin mit adulten
Exemplaren vorhanden ist.
A. parvula ist auf dem Flugplatz eine Art des Nar-
detum (87,2 %). Nur vereinzelt liegen Exemplare
aus dem Sandrasen (9,8 %) und noch seltener
aus dem Ruderal (3 %) vor (Abb. 8). Die Vorkom-
men im Sandrasen und Ruderal kennzeichnen
letztlich Aktivitätsphasen im Frühjahr und Spät-
herbst und während des kleinen Intermezzos
Ende Juli/Anfang August. Da die zahlreichen
Funde im Oktober auf das Nardetum beschränkt
sind, steht zu vermuten, dass die Art dort auch
überwintert.
Bei Untersuchungen von Tingiden in norddeut-
schen Calluna-Heiden hat M
elber
(1989: Abb.
2) bei A. parvula nach Ergebnissen aus Boden-
fallen ein anderes Aktivitätsbild festgestellt als
das vom Flugplatz. Trotzdem finden sich seine
Ergebnisse über die Entwicklung von A. par-
vula in den Ergebnissen vom Flugplatz wieder.
Wenn, wie er zeigt, von den Weibchen des Ima-
1...,76,77,78,79,80,81,82,83,84,85 87,88,89,90,91,92,93,94,95,96,...246
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