Andrias 19 - page 302

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andrias, 19
(2012)
chronische Minderzuwächse, jedoch weniger als
spezifische Qualitätsminderung beim Holz auswir-
ken. Ökonomisch wichtige forstpathologische The-
men mit Bezug zur Holzqualität, die gegenwärtig
in Baden-Württemberg eine Rolle spielen, jedoch
hier nicht behandelt werden, sind beispielsweise
die Wurzelhalsfäule der Erle durch Phytophthora
alni, der Rindenkrebs der Esskastanie durch Cry-
phonectria parasitica und Wundfäulen oder Halli-
masch-Erkrankungen nach Trockenheit.
2 Der Buchenkrebs und seine Ausbreitung
im Bestand
Der Buchenkrebs ist eine Pilzkrankheit, welche
bereits Naturverjüngungen befällt und zu einer
nachhaltigen Verschlechterung der Stammform
und der inneren Holzqualität führt. Anhand von
zwei umfangreichen Untersuchungen konnte
nachgewiesen werden, dass mit erhöhtem Befall
in der Nachbarschaft von erkrankten Altbuchen zu
rechnen ist. Dabei spielen zusätzlich die Haupt-
windrichtung und die Dauer der Exposition eine
Rolle. Die vorgestellten Untersuchungen sind in
M
etzler
&
von
E
rffa
(2000), M
etzler
et al. (2002)
sowie in A
ugustin
et al. (2005) veröffentlicht.
2.1 Symptomatik und Biologie des Erregers
Kleine Nekrosen auf der dünnen Rinde von
Jungbäumen oder an dünnrindigen Zweigen
von Altbäumen sind erste Anzeichen für begin-
nenden Buchenkrebs. Durch den Zuwachs des
umgebenden Gewebes sinken diese Stellen in
den Folgejahren ein und die tote Rinde reißt auf.
Wegen der andauernden Pilzinfektion am Rand
der Nekrosen können diese vom Baum über lan-
ge Zeit nicht überwallt werden (Tafel 1, Abb. 3).
Gelegentlich kommt es zur Ringelung und da-
mit zum Verkümmern von Trieben und Ästen.
Wenn dann subterminale Äste die Leitfunktion
übernehmen, wird der Stamm krumm. Wenn er-
krankte Buchen nicht entfernt werden, können
sie noch als Althölzer aktive Stammkrebse auf-
weisen (B
orrmann
1994).
Um Verwechslungen vorzubeugen, wird hier
angemerkt, dass es sich bei den in der Forst-
praxis gelegentlich beanstandeten „T-Flecken“
im Stammquerschnitt oft nicht um Buchenkrebs
handelt, sondern um abiotisch oder durch tem-
porären Befall durch den Kleinen Buchenborken-
käfer (Taphrorychus bicolor) entstandene Kambi-
umnekrosen, die jedoch in kurzer Zeit problemlos
überwallt werden (B
osshard
1965, D
imitri
1967,
P
errin
1981, S
chönherr
& K
rautwurst
1979). Zur
Abgrenzung des Buchenkrebses gegen die „Bu-
chenrindennekrose“, verursacht durch Nectria
coccinea, wird auf die Beschreibung von S
chütt
& L
ang
(1980) hingewiesen.
Der Buchenkrebs wird durch den Pilz Neonectria
ditissima, seltener auch durch die nah verwand-
te Art N. galligena verursacht. Die Ascosporen
(Abb. 4) werden vomWind, die hydrophilen Koni-
dien der Nebenfruchtform (Abb. 5) durch Spritz-
wasser bei Regen verbreitet (R
ichter
1928). Als
Eintrittspforten werden Wunden durch Hagel-
schlag (H
artig
1882), Blattnarben oder Aststum-
mel (B
utin
2011) vermutet. Nach P
errin
(1981)
sollen der Boden, genetische Faktoren der
Buchen und insbesondere die zu lange Über-
schirmung hinsichtlich der Disposition für diese
Krankheit wichtige Rollen spielen.
Der Buchenkrebs ist für die Buche in Mitteleu-
ropa insgesamt nicht gravierend, kann jedoch
örtlich die Holzqualität deutlich verschlechtern
(P
errin
& V
ernier
1979). Dies trifft besonders
zu, wenn ein hoher Prozentsatz der Naturver-
jüngung betroffen ist und nur noch eine unge-
nügende Zahl von fehlerfreien Jungbäumen
für den Endbestand zur Verfügung steht. Unter
diesen Voraussetzungen ist es zweckmäßig, die
wichtigsten Einflussfaktoren für die Krankheit zu
kennen, um ihr gegebenenfalls durch waldbau-
liche Maßnahmen begegnen zu können. Ferner
sollten diese Faktoren anhand von landesweiten
Verbreitungsdaten verifiziert werden.
2.2 Räumliche Ausbreitung in einem
Provenienzversuch
In einem Anbauversuch der Bundesforschungs-
anstalt für Forst- und Holzwirtschaft (BFH) mit 62
europäischen Buchenprovenienzen (M
uhs
1991)
Abbildung 4. Asci mit Ascosporen von Neonectria ditis-
sima. Messbalken 50 µm.
1...,292,293,294,295,296,297,298,299,300,301 303,304,305,306,307,308,309,310,311,312,...376
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