M
etzler
: Forstpathologische Beiträge zur Erhaltung der Holzqualität
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pen. Der enzymatische Angriff durch Mikroorga-
nismen vollzieht sich unsichtbar, doch sind die
Ergebnisse in Form von Rindennekrosen, der
Abtötung von ganzen Bäumen oder in Form von
destruktiven Holzfäulen (S
chwarze
et al. 1999)
spektakulär. Pilze als Verursacher dieser Schä-
den stehen im Fokus der vorliegenden Arbeit.
Trotz der vielfältigen Bedrohungen leben Indivi-
duen vieler Baumarten erstaunlich lange. Sogar
im Stamm kernfaule Bäume können oft noch
Jahrzehnte, auch Jahrhunderte überleben, so-
lange eine ausreichende Restwandstärke durch
ständigen Dickenzuwachs erhalten bleibt. Nicht
selten kommt es durch Krankheiten oder Be-
schädigungen zum teilweisen Zurücksterben der
Baumkronen und zur Ausbildung von Sekundär-
kronen. Dies zeigt, dass suboptimale Strukturen
als Folge von Defekten und Reparaturmechanis-
men entstehen durchaus noch eine erfolgreiche
Fortpflanzung von individuellen Bäumen ermög-
lichen können, auch wenn das Holz nicht mehr
qualitativ hochwertig ist.
Die Langlebigkeit über die Blühreife (Mannbar-
keit) hinaus sichert angepassten Baumindividuen
eine nachhaltige Verbreitung. Andererseits wer-
den durch besondere Langlebigkeit (z.B. infolge
von Fäuleresistenz) evolutive Anpassungspro-
zesse erschwert, indem die Generationendauer
verlängert und die eigene Naturverjüngung un-
terdrückt wird. Daher können sich evolutive An-
passungsprozesse bei Pflanzenarten mit kurz-
lebigen Individuen schneller vollziehen. Auch
der verzögerte Abbau von Totholz ist für die Ver-
jüngung und Weiterentwicklung einer Art eher
schädlich, da der Nährstoffkreislauf behindert
und der Lebensraum eingeengt wird.
1.2 Die Qualitätsminderung von Nutzholz
durch Pilze
Für den Menschen ist Holz als Werkstoff für unter-
schiedliche Zwecke, insbesondere als Konstruk-
tionsholz, von sehr hohem Wert. Die Holzeigen-
schaften vieler Baumarten verbinden Leichtigkeit
und Stabilität optimal. Die Qualität unterliegt al-
lerdings vielen Einflüssen. Pilze sind bedeutende
Schadfaktoren, da sie das Innere des Holzes
zersetzen und eine Fäule auslösen oder auch die
Holzstruktur indirekt durch Erkrankungen von Rin-
de und Kambium beeinträchtigen können. Man
kann davon ausgehen, dass pilzliche Schäden
an Holz Ursache für beträchtliche finanzielle Ver-
luste von Forstbetrieben sind. Allein die Schäden
durch den Wurzelschwamm an der Fichte wurden
in Deutschland auf jährlich 56 Mio.
€
geschätzt
(D
imitri
& T
omiczek
1998). Holzverluste durch Hal-
limaschfäule im Nasslager beliefen sich in Baden-
Württemberg nach den Stürmen „Vivian“ und
„Wiebke“ auf 5,1 % der eingelagerten Holzmasse
nach vierjähriger Lagerung (G
ross
et al. 1996).
Geschlagenes Holz ist für entsprechend speziali-
sierte Pilze ein leicht zersetzbarer Rohstoff (H
ol
-
denrieder
1992). Dies erfordert besondere Re-
geln und Maßnahmen bei der Behandlung des
Holzes, die teils auf historischem Erfahrungs-
wissen basieren, teils aber auch neu erarbeitet
und optimiert werden müssen. Einige Aspekte,
zu denen neue Ergebnisse vorliegen, werden in
den folgenden Kapiteln dieser Arbeit vorgestellt.
Selbst die Funktion des Holzes als Energieträ-
ger, bei der die geringsten Qualitätsansprüche
zu befriedigen sind, verlangt Schutz vor einer
vorzeitigen Zersetzung.
Beeinträchtigungen der Stammholzqualität wer-
den bisher im Holzhandel in Deutschland durch
die Heilbronner Sortierkriterien für Rundholz
(HKS) geregelt. Für die Einteilung in Güteklassen
entscheidende Qualitätsmerkmale des Holzes
sind Dimension, Geradschaftigkeit, Ästigkeit,
Verfärbungen und insbesondere Fäulen (A
nony
-
mus
1988). Werden die erforderlichen Qualitäts-
kriterien nicht erreicht, wird das Stammholz in die
Klassen C oder D eingruppiert, wobei der Wert
jeweils deutlich sinkt. Holz mit hohen Fäulean-
teilen verliert unter Umständen seinen gesamten
Wert und wird unverkäuflich („X-Holz“).
1.3 Forstpathologie
Als Teildisziplin sowohl der Phytopathologie als
auch der Forstwissenschaften befasst sie sich
mit Krankheiten forstlich relevanter Baumarten.
Die Forstpathologie analysiert und erklärt Schä-
den oder Qualitätsminderungen am Holz und
entwickelt Gegenmaßnahmen. Eingeschlossen
sind hier auch Schäden am geschlagenen Holz,
da dieses weitgehend von den gleichen Organis-
men desWaldes angegriffen wird, welche auch in
der Natur für die Zersetzung von Totholz sorgen.
Außerdem bleibt geschlagenes Holz im Rahmen
der Handelsgepflogenheiten oft noch geraume
Zeit unter forstlicher Zuständigkeit.
Eine sinnvolle forstpathologische Vorgehenswei-
se ist in Abb. 2 dargestellt (vergl. auch M
orelet
1988). Nach einer Problemstellung zur Erkran-
kung einer bestimmten Baumart oder zur Wert-
minderung von geschlagenem Holz beginnt man
in der Regel mit der detaillierten Erfassung der
Schadsymptome. Die hohe Zahl von potentiellen
abiotischen Schadfaktoren und biotischen Erre-