M
etzler
: Forstpathologische Beiträge zur Erhaltung der Holzqualität
251
danach mit einer wässrigen 10%igen Natrium-Ni-
trit-Lösung mit dem Pinsel nass gestrichen wor-
den (S
chönhar
1977, Anonymus 1987). Für die
hier vorgestellte Untersuchung (M
etzler
& K
ublin
,
2003) wurden sieben so behandelte Flächen von
jeweils ca. 0,5-1,5 ha Größe sowie gleich viele
benachbarte unbehandelte Vergleichsflächen
ausgewählt, die hinsichtlich Vornutzung, Pflanz-
verband, Eingriffzeitpunkt und -stärke möglichst
ähnlich waren. Die Proben wurden im Zuge einer
weiteren Durchforstung im Frühjahr 1996, durch-
schnittlich etwa 12 Jahre nach der Erstdurchfor-
stung, entnommen. Aus jeder behandelten und
unbehandelten Fläche wurden je 50 frische Stö-
cke, also insgesamt 700, zufällig ausgewählt und
auf Pilzbefall und Fäule untersucht.
4.2 Der Behandlungserfolg
Durch die Stubbenbehandlung bei der Jungbe-
standspflege blieb im verbleibenden Bestand der
Befall durch H. annosum etwa 12 Jahre später
bei 2,9 % der Stammzahl, während er in den
unbehandelten Parzellen auf 9,7 % anstieg. An-
ders ausgedrückt heißt dies, dass der Befall im
behandelten Kollektiv um 71 % geringer war ge-
genüber dem unbehandelten Kollektiv.
Unsere Untersuchung zeigt exemplarisch die
Wirksamkeit einer Stubbenbehandlung. Aller-
dings kann das damals noch benutzte Natrium-
Nitrit heute nicht mehr in der Praxis eingesetzt
werden, da die Anwendung in der Forstpraxis
eine amtliche Zulassung als Pflanzenschutzmit-
tel erfordert. Da sie zumindest in der Ausgangs-
konzentration warmblütertoxisch ist und damit
ein Risiko für den Anwender und für Wildtiere
darstellt, hätte sie kaum Aussicht auf Zulassung.
Die in der Lebensmittelindustrie eingesetzten
Konzentrationen liegen etwa um den Faktor
1.000 niedriger.
AlternativeMittel, insbesondere Harnstoff und der
antagonistische Pilz Phlebiopsis gigantea, wer-
den in anderen europäischen Ländern, vor allem
in Skandinavien und Großbritannien, in großem
Umfang mit speziellen Zusatzaggregaten beim
Harvester-Einsatz in der Holzernte ausgebracht
(P
ratt
& J
ohansson
1998, T
hor
2001). Eine Ver-
wendung ist auch bei uns unter den gegenwär-
tigen gesetzlichen Bedingungen als Mittel zur
Bodenverbesserung nach Düngemittelverord-
nung und auch nach § 6a des Pflanzenschutz-
gesetzes zulässig. P. gigantea scheint keine dif-
fundierenden fungitoxischen Verbindungen zu
produzieren, welche H. annosum hemmen, je-
doch überwächst sie H. annosum in vitro, wobei
der Schadpilz abstirbt. DieWirkung von Harnstoff
beruht auf der Anhebung des pH-Wertes an der
Stubbenoberfläche nach der Hydrolyse und der
damit verbundenen Begünstigung von anderen
Pilzarten aus der konkurrierenden mikrobiellen
Begleitflora (P
ratt
et al. 1998). Als weiteres Mit-
tel ist die Bor-Verbindung DOT im Gespräch, die
jedoch als Fungizid, das insbesondere gegen
Basidiomyceten toxisch wirkt, amtlich zugelas-
sen werden müsste (P
ratt
1996).
Insbesondere in Skandinavien und Großbritan-
nien werden jährlich Fichtenbestände auf über
116.000 ha behandelt, außerdem über 93.000
ha anderer Baumarten (T
hor
2003). 56 % da-
von werden mit dem Antagonisten P. gigantea
behandelt, 42 % mit Harnstoff, 2 % mit der
Bor-Verbindung DOT. Auf der Datenbasis von
etwa 600 Durchforstungen haben V
ollbrecht
&
J
oergensen
(1995) errechnet, dass gegenüber
unbehandelten Beständen die Stockbehand-
lung mit 20 % Harnstoff die jährliche Ausbrei-
tung von Stockfäule auf etwa ein Drittel, die mit
Natrium-Nitrit auf etwa die Hälfte reduzierte.
Das Ergebnis ist auch deshalb wichtig, weil das
Untersuchungsmaterial aller Behandlungsva-
rianten unterschiedliche Standorte, Nutzungs-
geschichte und Ausgangsbefall (nicht nur Erst-
aufforstungen) beinhaltete. Die Wirksamkeit der
Anwendung von Harnstoff wurde von R
enfer
(2004) bestätigt.
4.3 Perspektiven
Der Wurzelschwamm H. annosum verursacht in
vielen Fichtenbeständen, besonders auf kalkhal-
tigen Böden, hohe wirtschaftliche Verluste für die
Waldbesitzer. Der wichtigste Verbreitungsweg
dieses Pilzes in einem Bestand beginnt bei der
Infektion frischer Stubben durch windverbreitete
Sporen und führt über Wurzelverwachsungen
zu den Nachbarbäumen. Durch die Stubbenbe-
handlung kann dieser Infektionsweg unterbro-
chen werden. Die vorliegende Untersuchung
unterstützt die Erkenntnis, dass fachgerecht
durchgeführte Stockbehandlungen hohe Erfolgs-
aussichten zur Verhinderung der Stockfäule des
verbleibenden Bestandes haben.
Die manuelle Stubbenbehandlung galt bei uns
bisher als zu arbeitsaufwändig. Die skandina-
vische Harvestertechnik (Tafel 2, Abb. 14), die
in Kombination mit einem antagonistischen Pilz-
präparat im Rahmen eines Stützpunktversuchs
der Forstdirektion Tübingen in Zusammenarbeit
mit der FVA Baden-Württemberg getestet wurde,
bietet jedoch neue Perspektiven (M
etzler
et al.